Ein Schulträger bittet eine Grundschule um die Übermittlung einer Liste mit den Namen der Schüler, den von der Schule ausgesprochenen Empfehlungen (für eine weiterführende Schule) und der tatsächlichen Schulwahl.
Darf bzw. muss die Schule dem Schulträger diese personenbezogenen Daten übermitteln?
„(5) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Daten dürfen einer Schule, der Schulaufsichtsbehörde, dem Schulträger, der unteren Gesundheitsbehörde, dem Jugendamt, dem Landesjugendamt, den Ämtern für Ausbildungsförderung, dem Landesamt für Ausbildungsförderung sowie den Ausbildungsbetrieben der Schülerinnen und Schüler an Berufskollegs nur übermittelt werden, soweit sie von diesen Stellen zur Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschrift übertragenen Aufgaben benötigt werden.“
Da der Schulträger für äußere Schulangelegenheiten zuständig ist, ist bei der gestellten Anfrage zweifelhaft, auf welcher Rechtsgrundlage diese erfolgen soll.1„Außerhalb des Auftragsverhältnisses fragt sich, zur Wahrnehmung welcher konkreten Aufgaben des Schulträgers es ggf. überhaupt einer personenbezogenen Übermittlung durch Schulen und Schulaufsichtsbehörden bedarf. Dem Schulträger obliegt nach Maßgabe der §§ 78 ff. SchulG die Wahrnehmung der äußeren Schulangelegenheiten.“ – Wingen SchulG NRW-Kommentar, März 2015, Katernberg, zu §120 Abs. 5 Satz 1
Es ist zu vermuten, dass die Anfrage des Schulträger im Zusammenhang mit der Feststellung des Bedürfnisses nach §78 Abs. 5 – SchulG NRW erfolgt ist.
“(5) Die Entwicklung des Schüleraufkommens und der Wille der Eltern sind bei der Feststellung des Bedürfnisses zu berücksichtigen.”
Entsprechend Abs. 2.1 Abschnitt c Satz 4 des Runderlasses zur Einrichtung und Auflösung von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegskann der Schulträger zur Feststellung des Bedürfnisses eine Befragung vornehmen.
“Ein geheimes Verfahren im strengen Sinne ist nicht zwingend erforderlich; es muss aber gewährleistet sein, dass Namen und Votum der einzelnen Erziehungsberechtigten vertraulich behandelt und dienstlich geheim gehalten werden.“
Der Schulträger darf also im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung nach §78 SchulG NRW Namen der Eltern und Votum als Ausdruck des Elternwillens in Erfahrung bringen. Allerdings setzt diese eine durch den Schulträger selbst durchgeführte Erhebung bzw. Befragung voraus und es geht um die Erziehungsberechtigten, nicht die Kinder. Es gibt in §78 keine Stelle, aus welcher sich ableiten lässt, dass der Schulträger einen rechtlichen Anspruch auf die tatsächliche Schulwahl einzelner Kinder und die von der Schule abgegebene Empfehlung hat.
Der Schulträger benötigt die von ihm angefragten personenbezogenen Daten eindeutig nicht, um seiner Aufgabenerfüllung nach §78 SchulG NRW nachzukommen. Hier würde auch eine anonymisierte Statistik der Schule ausreichen. Alleine dass die vom Schulträger angefragten personenbezogenen Daten der Schüler diesem dienlich oder nützlich sind, reicht als Rechtsgrundlage nicht für eine Übermittlung durch die Schule aus.2„… ist der Datentransfer zur Aufgabenerfüllung der Empfängerin oder des Empfängers nicht erforderlich, sondern lediglich dienlich oder nützlich, dürfen die Daten nur auf der Grundlage wirksamer Einwilligungen der Betroffenen (vgl. unter Erl. 2.2 und 2.3 zu § 120 SchulG) transferiert werden.” – Wingen SchulG NRW-Kommentar, März 2015, Katernberg, zu §120 Abs. 5 Satz 1
Wäre die Schule Willens, die angefragten Daten an den Schulträger zu übermitteln, so wäre dieses in diesem Falle nur auf der Grundlage einer Einwilligung der Betroffenen möglich.
Bleibt der Schulträger trotz allem der Meinung, dass die Schule ihm gegenüber verpflichtet ist, die gewünschten personenbezogenen Daten zu übermitteln, so muss er in der Lage sein, eine rechtliche Begründung zu liefern.3„Wenn der Schulträger die Übermittlung von personenbezogenen Daten der Schülerinnen, Schüler und /oder Eltern von der Schule beansprucht, ist es im Übrigen grundsätzlich an ihm, der Schule gegenüber darzulegen und zu begründen, warum er im konkreten Fall bestimmte Daten mit Personenbezug zu seiner Aufgabenerfüllung benötigt.“ – Wingen SchulG NRW-Kommentar, März 2015, Katernberg, zu §120 Abs. 5 Satz 1
Dass der Schulträger dazu in der Lage sein wird, ist aufgrund der Rechtslage nicht vorstellbar.
Die Antwort kurz gefasst:
Der Schulträger hat keinen aus dem Schulgesetz NRW ableitbaren rechtlichen Anspruch auf die Übermittlung der von ihm angefragten personenbezogenen Daten von Schülerinnen und Schülern der Schule.
Im norwegischen Bergen wurde jetzt ein Schulträger wegen eines massiven Verstoßes gegen die DS-GVO zu einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 170.000 € verurteilt. In dem Fall geht es um die Zugangsdaten von 35.000 Schülern und Angestellten an den Schulen der Stadt, welche durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen offen zugänglich waren. Mittels dieser Zugangsdaten war es für jedermann möglich, sich in das Computersystem der Schule einzuloggen und Zugriff auf personenbezogenen Daten zu erhalten, darunter auch Noten und Bewertungen durch Lehrkräfte in einer Lernplattform. Die norwegische Aufsichtsbehörde war zu dem Schluss gekommen, dass der Schulträger gegen Art. 5 Abs. 1 lit. f (Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten1“Personenbezogene Daten müssen
f) in einer Weise verarbeitet werden, die eine angemessene Sicherheit der personenbezogenen Daten gewährleistet, einschließlich Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung und vor unbeabsichtigtem Verlust, unbeabsichtigter Zerstörung oder unbeabsichtigter Schädigung durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen („Integrität und Vertraulichkeit“);”) und Art. 32 (Sicherheit der Verarbeitung) der DS-GVO verstoßen hat.
Erschwerend kam in diesem Fall hinzu, dass es sich bei den betroffenen Personen vor allem um Kinder handelt. Diese genießen in der DS-GVO einen besonderen Schutzstatus. Außerdem war der Schulträger mehrfach auf die unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen worden, auch von der Aufsichtsbehörde. In Orientierung an Art. 83 DS-GVO wurde dann eine Strafe verhängt, die nach Ansicht der Aufsichtsbehörde der Sachlage angemessen, abschreckend und wirksam ist.
Könnte es einen solchen Fall in Deutschland geben?
Möglich wäre ein vergleichbarer Verstoß gegen die DS-GVO in Deutschland durchaus, wenngleich es auch definitiv Unterschiede gäbe. Dass personenbezogene Daten von Schülern und Lehrkräften in dem Maße wie im norwegischen Bergen beim Schulträger verarbeitet werden, ist in Deutschland nur im Rahmen einer Auftragsverarbeitung vorstellbar. Das heißt, die Schule als Verantwortlicher wäre hier in einem solchen Fall rechtlich mit in der Verantwortung. Eine Schule wird sich natürlich auf den Schulträger verlassen und im Vertrag zur Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DS-GVO wird auch festgelegt, dass der Auftragnehmer entsprechend Abs. 3 lit. c “alle gemäß Artikel 32 erforderlichen Maßnahmen ergreift;“. Ein Vertrag ist die eine Sache. Rechtlich gesehen muss der Verantwortliche auch sicher sein, dass der Auftragnehmer die Bedingungen erfüllt. Wie sich dieses bei der Verhängung eines Bußgeldes bei einem ähnlichen Fall in Deutschland auswirken würde, bliebe abzuwarten, da es vergleichbare Fälle bisher vermutlich nicht gibt.
Der zweite Unterschied zum norwegischen Fall ist die Verhängung des Bußgeldes2Siehe auch Mögliche rechtliche Folgen eines Datenschutzverstoßes für Schulen. In Deutschland würde das Bußgeld gegen Personen verhängt und nicht gegen den Schulträger. Da letzteres nur ein Umschichten von Steuergeldern bewirken würde, werden gegen öffentliche Stellen in Deutschland keine Bußgelder verhängt. Wen genau es in Deutschland treffen würde, lässt sich schwer sagen. Wäre es der Bürgermeister oder ein IT Verantwortlicher?
Fazit für Schulen in Deutschland
Wenn man als Schule aus dem Fall eines lernen kann, dann dass die Sicherheit bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch entsprechende Maßnahmen höchste Priorität haben sollte. Wer hier nachlässig handelt, setzt eventuell die Rechte und Freiheit von Schülern und Lehrkräften einem unnötigen Risiko aus und riskiert dafür eine Geldbuße und weitergehende rechtliche Konsequenzen.
Vor allem an Grundschulen beliebt ist die Online Plattform zur Förderung der Lesekompetenz, Antolin. Betrieben wird die Plattform von der Westermann Verlagsgruppe, und da auf der Plattform Nutzerdaten von Schülern und Lehrkräften erhoben und verarbeitet werden, wird entsprechend Art. 28 DS-GVO ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AVV)1Aktuell (Stand 11.05.2019) finden sich einige kleine Fehler im AVV. So sind dort beispielsweise die Lehrkräfte nicht berücksichtigt und es fehlen Angaben zu den Löschfirsten durch Westermann selbst, nachdem die Schule einen Benutzer gelöscht hat. angeboten. Diesen müssen Schulen mit Westermann abschließen, um das Angebot datenschutzkonform an der Schule nutzen zu können. Oftmals erwerben Schulträger eine Lizenz für alle ihre Grundschulen. Damit sind sie Vertragspartner/ Lizenznehmer von Westermann. Trotzdem muss jede Schule einen eigenen AVV mit Westermann abschließen.
Wichtig ist dabei, dass die Schulleitung in Person den AVV abschließt und selbst unterschreibt. Dieses kann nicht von Lehrkräften übernommen werden!
Der unterschriebene AVV wird dann an Westermann geschickt, dort gegengezeichnet und ist damit gültig. Die Kopie, welche man zurück erhält, gehört zur Dokumentation des Verfahrens im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten. Für dieses braucht die Schule eine Beschreibung der Verarbeitungstätigkeit Antolin.
Außerdem ist es erforderlich, die Einwilligungen der Betroffenen einzuholen, da mit der Nutzung von Antolin personenbezogene Daten verarbeitet werden, deren Verarbeitung nicht auf der Grundlage des Schulgesetzes entsprechend Art. 6 lit. e legitimiert ist. Einwilligen müssen nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrkräfte, da auch deren Daten in Antolin verarbeitet werden, wenn sie als Nutzer dort angelegt werden und anschließend ihre Schüler in der Plattform betreuen. Sie kommentieren, stellen Quiz-Fragen und es fallen Nutzungsdaten an.
Als Hilfe gibt es für Schulen, die Antolin nutzen drei Vorlagen. Diese finden sich sonst auch im Bereich der Downloads.
Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht erwartet, Datenschutz und Mitbestimmung haben Schnittpunkte. Das Thema Mitbestimmung ist geregelt im Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LPVG), welches vergleichbar ist dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für Arbeitnehmer in Unternehmen1Da beide Regelungen viele Ähnlichkeiten aufweisen, kann man sich bezüglich des LPVG auch an entsprechenden Kommentierungen zum BetrVG orientieren. . Von Bedeutung für Schulen und das Thema digitale Plattformen ist dort der §72, denn dort sind mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten geregelt.
(3) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen in Rationalisierungs-, Technologie– und Organisationsangelegenheiten bei
1. Einführung, Anwendung, wesentlicher Änderung oder wesentlicher Erweiterung von automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten der Beschäftigtenaußerhalb von Besoldungs-, Gehalts-, Lohn-, Versorgungs- und Beihilfeleistungen sowie Jubiläumszuwendungen,
2. Einführung, Anwendung und Erweiterung technischer Einrichtungen, es sei denn, dass deren Eignung zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten ausgeschlossen ist,
3. Einführung grundlegend neuer, wesentlicher Änderung und wesentlicher Ausweitung von Arbeitsmethoden,
4. Maßnahmen, die die Hebung der Arbeitsleistung oder Erleichterungen des Arbeitsablaufs zur Folge haben sowie Maßnahmen der Änderung der Arbeitsorganisation,
5. Einführung, wesentlicher Änderung oder wesentlicher Ausweitung betrieblicher Informations- und Kommunikationsnetze,
“(4) Der Personalrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über
1. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, Einführung, Ausgestaltung und Aufhebung der gleitenden Arbeitszeit,”
In Bezug auf Datenschutz ist vor allem Nr. 2 von Interesse. Auch wenn im Gesetzestext hier das Wort Datenschutz selbst nicht einmal vorkommt, so geht es doch genau um diesen, da Überwachung datenschutzrechtliche Implikationen hat. Werden an einer Schule also technische Einrichtungen eingeführt oder erweitert, bei welchen eine Eignung zur Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten nicht ausgeschlossen ist, so ist diese Angelegenheit mitbestimmungspflichtig.2“Maßgeblich für die Eignung zur Überwachung ist, ob durch die technische Einrichtung anonym, d.h. ohne dass die Beschäftigten sich dem entziehen können, Daten erzeugt, erhoben oder ausgewertet werden können, die einen unmittelbaren Rückschluss auf ihr Verhalten oder ihre Leistung zulassen. Der seit dem 16.07.2011 geltende – also aktuelle – Gesetzeswortlaut des § 72 Abs. 3 Nr. 2 LPVG ist insofern eindeutig: Das Mitbestimmungsrecht wird bereits dadurch ausgelöst, dass die einzuführende technische Einrichtung zur Überwachung oder Leistungskontrolle in technischer Hinsicht geeignet ist.”, Leitfaden zur Mitbestimmung nach LPVG NRW bei der Umsetzung der Open.NRW Strategie.pdf von Open.NRW unter CC BY 4.0 Technische Einrichtungen meint auch digitale Plattformen, egal ob lokal betrieben oder in einer Cloud.3“Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
Eine Vielzahl EDV-gestützter Anwendungen ist dazu geeignet, Mitarbeiterverhalten am Arbeitsplatz zu beobachten. Der weite Anwendungsbereich dieses Mitbestimmungsrechts führt zu einem Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei einer Vielzahl von IT-Sicherheitsfragen.” heißt es in einer Kommentierung zur durch Paul Voigt in IT-Sicherheitsrecht: Wann ist der Betriebsrat einzubeziehen? Nicht ausgeschlossen heißt, es ist ausreichend, dass die Möglichkeit besteht, selbst wenn eine Überwachung nicht geplant ist.4Ob eine Nutzung der Überwachungs- und Kontrollfunktionen auch beabsichtigt ist oder tatsächlich stattfindet, spielt keine Rolle. Im Ergebnis muss deshalb in aller Regel von einer Überwachungsmöglichkeit und damit der Einschlägigkeit des § 72 Abs. 3 Nr. 2, PVG NRW ausgegangen werden. Anders ist dies nur dann, wenn diese Möglichkeit definitiv -der Nachweis wäre aber in diesem Falle von der Dienststelle zu führen – ausgeschlossen ist”, Leitfaden zur Mitbestimmung nach LPVG NRW bei der Umsetzung der Open.NRW Strategie on Open.NRW unter CC BY 4.0 Die Einführung einer Plattform, welche von der Schulleitung dazu genutzt werden könnte, Rückschlüsse auf das Nutzerverhalten und die Leistungen von Lehrkräften zu ziehen, hat damit immer auch datenschutzrechtliche Implikationen. Es geht dabei um das Risiko, welches durch eine Zweckentfremdung von personenbezogenen Daten, hier Daten, die einen Aufschluss über das Nutzerverhalten geben, zu einem Schaden für die Betroffenen führen könnte.
Genau dieses Risiko greift die Orientierungshilfe Online-Lernplattformen der Datenschutzkonferenz auf, die sich mit den datenschutzrechtlichen Aspekten der Einführung und Nutzung solcher Plattformen beschäftigt. Die Orientierungshilfe geht davon aus, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in einer solchen Online-Lernplattform in aller Regel
“ein voraussichtlich hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen natürlichen Personen (Schüler, Lehrer, Eltern) zur Folge“ haben wird.”
Sobald dieses der Fall ist, hat der “Verantwortliche vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 Datenschutz-Grundverordnung durchzuführen“. Zu einer solchen gehört, wie im Kurzpapier Nr. 5 Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DS-GVO ausgeführt, die “Identifikation und Einbindung von Akteuren und betroffenen Personen.“
“Ggf. holt der Verantwortliche den Standpunkt der betroffenen Personen oder ihrer Vertreter zu der beabsichtigten Verarbeitung ein (Art. 35 Abs. 9 DS-GVO). Dies umfasst beispielsweise die Einbindung von Gremien der Mitbestimmung, z. B. von Betriebsräten.”
Der Wortlaut der Empfehlung im Kurzpapier entspricht fast der Formulierung in Art. 35 Abs. 9 DS-GVO.
“Der Verantwortliche holt gegebenenfalls den Standpunkt der betroffenen Personen oder ihrer Vertreter zu der beabsichtigten Verarbeitung unbeschadet des Schutzes gewerblicher oder öffentlicher Interessen oder der Sicherheit der Verarbeitungsvorgänge ein.”
Unklar bleibt in dieser Formulierung mit gegebenenfalls, unter welchen Umständen der Standpunkt der Betroffenen oder ihrer Vertreter einzuholen ist. Jandt geht in Kühling, Buchner Art. 35 DS-GVO Rn. 57 davon aus, dass sich aus der Forderung nach Einholung des Standpunktes eine Informationspflicht der Betroffenen oder ihrer Vertreter logisch ergeben müsste. Wer mit Vertreter gemeint ist, wird nicht explizit genannt. Man kann aber davon ausgehen, dass hier Vertreter nach den Regeln der betrieblichen bzw. behördlichen Mitbestimmung gemeint sind “oder anderer Personengruppen wie Eltern- oder Schülervertreter”5Karg in Simitis, Hornung, Spieker, Art. 35 Rn 69.
Was bedeutet das für die Praxis?
Wenn an einer Schule eine Plattform eingeführt oder eine bestehende in ihrer Funktion deutlich ausgeweitet werden soll und diese Plattform soll durch alle Lehrkräfte genutzt werden, dann ist die Mitbestimmung mit großer Wahrscheinlichkeit mit einzubeziehen. Der Grund dafür muss nicht einmal ein datenschutzrechtlicher Belang sein. Geht es beispielsweise darum, ab welcher Uhrzeit E-Mails an Arbeitstagen abgerufen oder der digitale Vertretungsplan eingesehen werden muss, so fällt dieses unter die Regelungen von §72 LPVG, da es zumindest die Arbeitszeiten betrifft. Eröffnet eine Plattform die Möglichkeit, das Verhalten der Nutzer in der Plattform zu überwachen, etwa durch Protokolldateien, die Logins und Logouts oder wann in der Plattform der Unterricht gestartet und beendet wurde zeigen, dann ist dieses auf jeden Fall mitbestimmungspflichtig. Die Mitbestimmungspflicht ist hier auch ein Datenschutzthema, da personenbezogene Daten von Lehrkräften anders genutzt werden (können) als es dem Verarbeitungszweck der Plattform entspricht, etwa Durchführung von Unterricht oder Führen eines digitalen Klassenbuches. Ob und welche Risiken eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten etwa durch eine Online-Lernplattform oder ein digitales Klassenbuch für die betroffenen Lehrkräfte bedeuten kann und durch welche Maßnahmen diese Risiken reduziert werden können, ist Gegenstand der Datenschutz-Folgenabschätzung. Anders als durch §72 Abs. 3 LPVG ergibt sich aus Art. 35 Abs. 9 DS-GVO jedoch keine Verpflichtung, die Mitbestimmung im Rahmen der Datenschutz-Folgenabschätzung einzuholen.
Die Einbeziehung der Mitbestimmung sollte es ermöglichen, im Endergebnis zu einer für alle Betroffenen verträglichen Lösung zu kommen. Diese kann dann beispielsweise in einer Dienstvereinbarung festgehalten werden, in welcher Regeln bezüglich der Nutzung der Plattform und Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten der Betroffenen, auch vor unrechtmäßiger Überwachung durch die Schulleitung, vereinbart sind. Welche Gremien der Mitbestimmung beteiligt werden, hängt vom jeweiligen Fall ab. Je umfangreicher der Regelungsbedarf, desto wahrscheinlicher ist es, dass man sich nicht nur auf die schulinternen Vertretungsgremien beschränken, sondern auch den örtlichen Personalrat mit einbeziehen sollte. Dort findet man in der Regel eine entsprechende Kompetenz, die Tragweite von möglichen Risiken zu beurteilen, die mit der Einführung einer Plattform für die Betroffenen einhergehen können.
Ist man zu einer verträglichen Regelung gekommen, haben Lehrkräfte jedoch weiterhin die Möglichkeit, ihre Einwilligung in die erforderliche Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu verweigern, solange die Nutzung der Plattform nicht durch ein Gesetz oder eine andere rechtliche Grundlage verbindlich vorgeschrieben ist.6Beispiel Logineo NRW: Dort heißt es in der Dienstvereibarung:
Für die Bereitstellung von LOGINEO NRW für Teile oder das gesamte in der Schule tätige Personal ist ein Beschluss der Lehrerkonferenz erforderlich.
Für die Bereitstellung von LOGINEO NRW für Schülerinnen und Schüler sowie für Eltern, die Mitglieder von Mitwirkungsorganen sind, ist ein Beschluss der Schulkonferenz erforderlich.
Die Nutzung von LOGINEO NRW ist freiwillig und setzt eine Einwilligungserklärung der jeweiligen Nutzerin/des jeweiligen Nutzers bzw. deren/dessen gesetzlicher Vertretung voraus.”
Diese Beschreibung der Mitbestimmung aus Sicht des Datenschutz hatte vor allem die Lehrkräfte an den Schulen im Blick. Mitbestimmung gibt es natürlich auch für alle anderen Betroffenen in Schule. Schüler und Eltern sind, je nach Fall, über ihre Gremien, die SV und die Elternpflegschaft, ebenfalls zu beteiligen.
Dass auch Fax ein Datenschutz Thema sein kann, ist vermutlich den wenigsten bewusst. Immerhin gilt Fax bisher als zuverlässig, sicher und echt. Mit dem Wandel der Kommunikationstechnologie zu IP basierten Systemen, hat sich auch die Technologie verändert, über welche Faxe übermittelt werden. Beim Endanwender hat sich nichts geändert, doch wie auch beim Telefonieren wurde die zugrundeliegende Technik auf Digitaltechnik umgestellt. Alles läuft jetzt quasi durch das Internet. Entsprechend wies jetzt die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) von Bremen in ihrem 1. Jahresbericht 1Download Link zum 1. Jahresbericht als PDF auf die sich dadurch ergebenden Sicherheitsprobleme bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten per Fax hin.
“Nach Ermittlung des Schutzbedarfs der zu übermittelnden Daten und einer Analyse der Risiken der Verarbeitung sind für Übertragungsverfahren Sicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise die in Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe a Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) explizit genannte Verschlüsselung zu ermitteln und umzusetzen. Hierbei ist zu beobachten, dass die Übermittlung per Fax inzwischen wie die Übermittlung durch eine unverschlüsselte E-Mail bewertet werden muss, weil beide Verfahren inzwischen IP-basierte Telekommunikationsnetze nutzen.”
Oftmals laufen Faxe auch nicht mehr auf einem Faxgerät auf, wie der Bremer LfDI in seinem zweiten Bericht erläutert, sondern werden als E-Mail an den Empfänger weitergeleitet2“Zudem kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass an der Gegenstelle der Faxübertragung auch ein reales Fax-Gerät existiert. Meist werden Systeme genutzt, die ankommende Faxe automatisiert in eine E-Mail umwandeln und diese dann an bestimmte E-Mail-Postfächer weiterleiten.” 2. Jahresbericht Datenschutz.pdf So kommt der LfDI Bremen zum Schluss:
“Aufgrund dieser Umstände hat ein Fax hinsichtlich der Vertraulichkeit das gleiche Sicherheitsniveau wie eine unverschlüsselte E-Mail (welche oftmals mit der offen einsehbaren Postkarte verglichen wird). Fax-Dienste enthalten keinerlei Sicherungsmaßnahmen um die Vertraulichkeit der Daten zu gewährleisten. Sie sind daher in der Regel nicht für die Übertragung personenbezogener Daten geeignet.”
“In der Regel” heißt, dass Ausnahmen möglich sind. Welche dieses sein könnten, wird aber nicht erwähnt. Ganz deutlich wird der LfDI Bremen jedoch, wenn es um Daten besonderer Kategorien nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO geht. Eine Übertragung mittels Fax-Diensten hält er für unzulässig.3“Für die Übertragung besonderer Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel 9, Absatz 1 der Datenschutzgrundverordnung ist die Nutzung von Fax-Diensten unzulässig.” 2. Jahresbericht Datenschutz.pdf, Seite 29 Das lässt vermuten, dass eine Ausnahme dann möglich sein könnte, wenn es wenig sensible Daten übertragen werden sollen oder diese vielleicht pseudonymisiert sind.
Die DS-GVO verpflichtet Verantwortliche, bei einer Übermittlung von personenbezogenen Daten dem Schutzbedarf und den möglichen Risiken angemessene Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit der Verarbeitung bzw. Übermittlung zu gewährleisten. Bei E-Mails kann dieses z.B. durch Verschlüsselung erfolgen. Fax bietet solche Möglichkeiten nicht und sollte aus diesem Grund nicht zur Übermittlung von personenbezogenen Daten mit einem erhöhten Schutzbedarf genutzt werden.
Eine Übermittlung per Fax ist nicht sicherer als eine ungesicherte Übermittlung per E-Mail. Schulen und Schulämter sollten dieses in Zukunft unbedingt beachten, denn gerade zwischen diesen werden oft höchst sensible Informationen über Fax ausgetauscht.
“Die für die Verarbeitung zugelassenen Daten ergeben sich aus der Anlage 3.”1§2 Satz 3 VO-DV I
Welche personenbezogenen Daten Lehrkräfte in NRW mit Genehmigung der Schulleitung auf ihren privaten Endgeräten verarbeiten dürfen, ist durch Anlage 3 der VO-DV I recht genau eingegrenzt.
“Datensatz bei Genehmigung der Verarbeitung personenbezogener Schülerinnen- und Schülerdaten auf privaten ADV-Anlagen der die Schülerinnen und Schüler unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer”2Satz 1 Anlage 3 VO-DV I
Anders als bei den personenbezogenen Daten, welche in der Verwaltung verarbeitet werden dürfen, sind die hier zugelassenen Daten eng begrenzt. Es wird von einem Datensatz gesprochen, der verarbeitet werden darf. Im Kommentar zum Schulgesetz von 2015 wird davon gesprochen, dass durch die Regelung in der VO-DV I ein Export in die privaten Endgeräte der Lehrkräfte ermöglicht wird.
“… besonderen Regelung, damit bestimmte Daten in einem begrenzten Umfang für dienstliche Zwecke aus der Schule exportiert und in privaten ADV-Anlagen der Lehrkräfte verarbeitet werden dürfen.”3SchulG NRW-Kommentar, März 2015, Katernberg
Nicht mehr zeitgemäß
An der Stelle wird deutlich, dass die Vorgaben des Schulgesetzes NRW und der anhängigen Verordnungen in diesem Bereich längst nicht mehr zeitgemäß sind. Warum?
Die Vorgaben in der VO-DV I sollen sicherstellen, dass die personenbezogenen Daten von Schülern und Eltern ausreichend geschützt sind und dass Lehrkräfte deshalb nicht alle nach dem Schulgesetz NRW für eine Verarbeitung zugelassenen personenbezogenen Daten auf ihren privaten Endgeräten verarbeiten und dadurch einem zusätzlichen Risiko aussetzen. Beim Begriff Verarbeiten hat der Gesetzgeber hierbei jedoch wohl vor allem an eine Speicherung auf den Geräten gedacht. Darauf deuten auch die Löschfristen hin, welche für personenbezogene Daten aus der Schule auf privaten Endgeräten deutlich eingeschränkt sind. Sie dürfen dort nur maximal ein Jahr gespeichert werden, gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres, nachdem eine Lehrkraft einen Schüler zuletzt unterrichtet hat. Die Schule hingegen bewahrt die Daten von Schülern 5 Jahre und länger auf.
Verarbeitung ist der Sammelbegriff für sämtliche Vorgänge, die mit oder ohne automatisierte Verfahren mit personenbezogenen Daten erfolgen4„Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;“ Art. 4 Nr. 2. Wie der Beitrag Verarbeitung, Bearbeitung, Speicherung, Bildschirmanzeige und Logineo NRW hoffentlich zeigen konnte, macht die Verwendung dieses Begriffes schon Probleme, wenn es um die Nutzung des Date-Safe von Logineo NRW mit personenbezogenen Daten geht, welche nicht in Anlage 3 aufgeführt sind. Sie dürften dem Wortlaut der VO-DV I nach zur Zeit auch von privaten Endgeräten aus nicht im Daten-Safe verarbeitet werden, da bereits die Bildschirmanzeige ein Verarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DS-GVO darstellt.
Das Schulgesetz NRW und die VO-DV I tragen der Tatsache, dass heute zunehmend online gearbeitet wird, noch keine Rechnung. Anders als vor wenigen Jahren können Dokumente mittlerweile online bearbeitet werden. Sie müssen dazu nicht länger auf dem Endgerät gespeichert werden, wie das z.B. bei lo-net oder anderen einfachen Plattformen der Fall war. Dort musste eine Datei zunächst auf den Rechner heruntergeladen werden, um sie anzusehen und zu bearbeiten, bevor sie dann wieder in der bearbeiteten Version hochgeladen wurde. Moderne Plattformen erlauben sowohl die Anzeige wie auch die Verarbeitung online. Wenn dieses im Browser erfolgt, findet nur eine temporäre Speicherung im Arbeitsspeicher statt. Diese stellt jedoch keine dauerhafte Speicherung im Sinne der DS-GVO dar.5Siehe dazu ebenfalls Eßer in Eßer/Kramer/ v. Lewinski Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 43 Herbst in Kühling/Buchner, Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 24
Dem muss die Schulgesetzgebung Rechnung tragen. Sie muss deutlich unterscheiden zwischen personenbezogenen Daten aus der Schule, welche mit Genehmigung durch die Schulleitung auf privaten Endgeräten verarbeitet werden dürfen, einschließlich einer Speicherung auf dem Gerät, und solchen, welche verarbeitet werden dürfen, jedoch unter Ausschluss einer Speicherung.
Was ist zu tun?
Der bisher in Anlage 3 aufgeführte Datensatz wird unverändert beibehalten für eine uneingeschränkte Verarbeitung einschließlich einer Speicherung auf dem Gerät. Zusätzlich aufgenommen werden sollten in die VO-DV I jedoch weitere Daten bzw. Kategorien von Daten, für welche eine eingeschränkte Verarbeitung, welche eine Speicherung auf dem Endgerät ausdrücklich ausschließt, über den Browser zulässig ist.6Neben dem Zugriff über einen Browser könnten auch Software und Apps zuässig sein, welche keine Daten lokal ablegen können. Dazu gehören würden Daten, für welche schon jetzt eine Bearbeitung im Daten-Safe von Logineo NRW vorgesehen ist. Mit aufgenommen werden müssten unbedingt auch sämtliche personenbezogenen Daten, welche zur Nutzung von Lern Management Systemen (LMS), Lernplattformen und Classroom Management Systemen (CMS) erforderlich sind.7Welche personenbezogenen Daten dort verarbeitet werden dürfen, ist dann Bestandteil anderer Regelungen. Dieses ist dringend erforderlich, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass im Unterricht zunehmend Online-Plattformen genutzt werden. Dort erfolgt sämtliches Lernen und Arbeiten online über den Browser und es ist erforderlich, dass Lehrkräfte die Möglichkeit erhalten, in der Plattform von Schülern erarbeitete Materialien einzusehen, um Feedback zu geben und Bewertungen vorzunehmen, oder um durchgeführte Abfragen auszuwerten. So wie traditionell Lehrkräfte die Hefte von Schülern mit nach Hause nehmen, macht es die Arbeit mit Online-Plattformen erforderlich, die von Schülern bearbeiteten Materialien auch zu Hause in der Plattform durchsehen zu können. Das alles ist, momentan von privaten Endgeräten aus rein rechtlich nicht möglich, da diese Daten nicht zu dem in Anlage 3 detaillierten Datensatz gehören.
Mit Dienstgeräten würde sich die beschriebene Erfordernis einer zeitgemäßen Anpassung der schulischen Gesetzgebung nicht ergeben. Da es gegenwärtig illusorisch ist, mit einer zeitnahen Ausstattung aller Lehrkräfte mit Dienstgeräten zu rechnen, sich nun aber immer mehr Schulen und Lehrkräfte auf den Weg machen, digitale Medien in den Unterricht zu integrieren, was vor allem in weiterführenden Schulen den Einsatz von Online-Plattformen einschließt, braucht es die beschriebene Anpassung der datenschutzrechtlichen Vorgaben im Schulgesetz und anhängigen Verordnungen zur Datenverarbeitung. Auch die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, welche nicht auf privaten Endgeräten gespeichert werden dürfen, macht diese Änderung deshalb erforderlich.
Dieser Tweet einer Mutter erregte jetzt bei Twitter die Gemüter, wurde mehr als dreihundertmal kommentiert, retweeted, und von knapp 2.000 anderen Nutzern mit einem Like versehen.
Kann man als Lehrkraft im Unterricht bei Schülerinnen und Schülern eine derartige Abfrage durchführen? Wie verträgt sich das mit dem Datenschutz?
Das Thema ist schwierig und es ist nicht einfach, eine pauschale Aussage zu treffen. Die Biologie Lehrkraft meint es sicherlich gut, wenn man sich in der Klasse mit dem Thema “Gesunde Ernährung” auseinandersetzt und die Kinder dafür sensibilisiert. Allerdings sind Ernährungsgewohnheiten schon eine sehr persönliche Angelegenheit, die Aufschluss über weitaus mehr zulassen. Ob eine Familie Bio Produkte kauft oder nicht, muss nichts mit einem vorhandenen oder mangelnden Bewusstsein für gesunde und nachhaltige Ernährung zu tun haben, sondern kann auch mit der finanziellen Situation zusammenhängen. Als Lehrer oder Lehrerin möchte man gerne Lernanlässe mit lebensweltlichen Bezügen gestalten. Macht doch mal ein Foto von eurem Zimmer. Erzählt doch mal von den Berufen eurer Eltern. Manche scheinbar belanglose Frage kann ein Kind dazu nötigen, Dinge aus dem Privatbereich der Familie zu offenbaren, die es selbst bloßstellen oder den Eltern nicht recht sind, aus welche Gründen auch immer.
Man braucht bezüglich der mit solchen Abfragen verbundenen Problematik nicht einmal auf die Europäische Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO) schauen, wie dies in einigen kommentierenden Tweets geschah. Auch das Schulgesetz NRW äußert sich zu einer solchen Erhebung von Daten.1In den Schulgesetzen der anderen Bundesländer werden sich entsprechende Formulierungen finden.
“(2) Nicht in den Anlagen aufgeführte Daten dürfen nur erhoben werden, wenn die oder der Betroffene eingewilligt hat. […] Auch mit Einwilligung dürfen unzumutbare, nicht zweckdienliche oder sachfremde Angaben nicht erhoben werden.”
Wenn es um die Ernährung und den Einkauf von Bio Produkten geht, dann betrifft dieses auch die Eltern. Man sollte sich in Schule grundsätzlich davor hüten, Abfragen bei Schülern zu machen, welche die Eltern betreffen, egal ob es dabei um das Alter der Eltern geht, ob und warum sie arbeitslos sind, oder welche Eltern getrennt leben. Im Fall der geplanten Beratung zur Ernährung werden einige Eltern die eingeforderten Informationen als unzumutbar empfinden. Dieses Recht haben sie. Fraglich ist zudem, ob die Informationen wirklich zweckdienlich sind? Um beim Beispiel zu bleiben. Es wäre auch möglich, im Biologieunterricht ein Beratungsschema zu erarbeiten, mit welchem die Schüler zu Hause die Ernährung in ihrer Familie unter die Lupe nehmen können, um die Eltern hinterher zu beraten. Das Ziel, die Kinder für eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu sensibilisieren, wäre auch hiermit erreicht.
Obige Abfrage aus dem Biologieunterricht ist nicht nur problematisch, weil sie die Verhältnisse im Elternhaus betrifft und für einige Eltern nicht zumutbar ist, sondern auch, weil es sich um eine verbindliche Abfrage handelt, eine Hausaufgabe, bei welcher der Schüler möglicherweise noch sanktioniert wird, wenn zur nächsten Stunde keine Liste vorgezeigt wird. In einem Kommentar zum SchulG NRW wird folgende Empfehlung gegeben:
“Insgesamt haben die Lehrkräfte dafür Sorge zu tragen, dass personenbezogene Daten im Unterricht nur im Rahmen des Erforderlichen verarbeitet und ansonsten vermieden werden. Hier ist neben dem notwendigen pädagogischen Fingerspitzengefühl auch eine besondere datenschutzrechtliche Sensibilität geboten. Im Zweifel sollten die Eltern in der Klassenpflegschaftssitzung und/ oder durch Elternbriefe über möglicherweise datenschutzrelevante Inhalte einer geplanten Unterrichtseinheit oder -reihe informiert werden, so dass sie die Möglichkeit haben, etwaige Einwände rechtzeitig vorzutragen.”2Quelle: Wingen, SchulG NRW-Kommentar, März 2015, Katernberg
Es wäre sicherlich übertrieben, wenn man den Privatbereich von Schülerinnen und Schülern komplett aus dem Unterricht ausklammern würde. Wenn Schüler von sich aus Informationen aus dem Privatbereich im Unterricht offenbaren, ist das etwas Anderes, als wenn sie durch eine Hausaufgabe oder Antwortkette, zu der jeder etwas beitragen muss, zur Preisgabe von solchen Informationen genötigt werden. Vor allem ältere Schüler können recht gut einschätzen, ob und was sie von sich preisgeben wollen. Solange klar ist, dass alles auf Freiwilligkeit und ohne Nachteile bei Nichtbeantwortung abläuft und das Kind über den Umfang der Informationen selbst entscheidet, die es preisgeben möchte, kann man informell im Klassengespräch über eher allgemeine Dinge reden wie Hobbys, Lieblingssportler, Vorlieben und Freizeiterlebnisse und ähnlich. Bei jüngeren Schülern, vor allem in der Grundschule, fehlt dieses Urteilsvermögen oft noch völlig. Lehrkräfte müssen deshalb hier wesentlich umsichtiger handeln. Schriftliche Befragungen sollten besonders vorsichtig angegangen werden, etwa durch eine vorherige Absprache mit den Eltern und eine Anonymisierung der Abfrage. Grundsätzlich sollte man immer überlegen, ob es nicht andere Wege gibt, um zum gleichen Ziel zu gelangen. Sensible Bereiche aus dem Privatleben sollten im Unterricht besser meiden.
Manchmal können einzelne Worte entscheidend sein. Beim Datenschutz hängt von Formulierungen in rechtlichen Vorgaben deshalb eine Menge ab. Ein Beispiel dafür ist die VO-DV I, welche regelt, welche Daten eine Schule verarbeiten darf und, in diesem Zusammenhang besonders interessant, welche personenbezogenen Daten Lehrkräfte mit Genehmigung der Schulleitung auf privaten Endgeräten verarbeiten dürfen.1siehe hierzu Anlage 3 der VO-DV I Entscheidend ist hier das Wort verarbeiten. So heißt es in §2 Abs. 2 Satz 1 VO-DV I von Februar 2017:
“Die Verarbeitung personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern in privaten ADV-Anlagen von Lehrerinnen und Lehrern für dienstliche Zwecke bedarf der schriftlichen, ein Verfahrensverzeichnis gemäß § 8 DSG NRW enthaltenden Genehmigung durch die Schulleiterin oder den Schulleiter.”
Eine entsprechende Formulierung findet sich auch in der Dienstanweisung für die automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten in der Schule, die im Februar 2018 zum ursprünglich geplanten Einführungstermin von Logineo NRW erschien:
“Die Verarbeitung personenbezogener Daten für dienstliche Zwecke auf privaten ADV-Anlagen von Lehrkräften ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Schulleiterin oder des Schulleiters zulässig.”
Die Wahl des Wortes Verarbeitung macht je nach Perspektive durchaus Sinn. Als die Verordnung erlassen wurde, ging es darum, durch den Begriff Verarbeitung eine Eingrenzung vorzunehmen. Es sollte damit sichergestellt werden, dass die in der Anlage aufgeführten personenbezogenen Daten aus der Schule nur auf dem durch eine Genehmigung zugelassenen Gerät selbst gespeichert, angesehen, verändert, kopiert usw. werden dürfen, nicht jedoch in der Cloud oder auf anderen Geräten, sofern für diese keine Genehmigung vorliegt.
Verarbeitung findet sich als ein grundlegender Begriff in allen Datenschutzgesetzen und ist in der DS-GVO in Art. 4 Nr. 2 definiert.
“Verarbeitung“ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;”
Diese Definition ist sehr weit und umfasst, je nach Auslegung, “jeden Vorgang, der irgendwie im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten steht.”2Rossnagel, S. 300, Simitis, Hornung, Spieker, Art. 4 Nr. 2 Rn11 So fallen auch sämtliche technischen Vorgänge innerhalb eines Computers darunter, bei welchen personenbezogene Daten beteiligt sind, auch das Anzeigen am Bildschirm, und ohne dass ein Nutzer die angezeigten Daten in irgendeiner Form aktiv verändert.3“Auch wenn die Daten etwa im Cache eines Browsers nur kurzzeitig zwischengespeichert werden, stellt dies ebenso eine Verarbeitung dar wie die bloße Anzeige einer Datei auf einem Bildschirm oder die Weitergabe eines mobilen Speichermediums.” Rossnagel, S. 300, Simitis, Hornung, Spieker, Art. 4 Nr. 2 Rn11
Entsprechend ist auch folgenden Aussage von Ende Januar 2019 aus Richtung Ministerium bezüglich der Zulässigkeit des Online-Zugriffs auf nicht in Anlage 3 aufgeführte personenbezogenen Daten stimmig4Die Quelle dieser Aussage ist mir bekannt, soll hier jedoch nicht genannt werden, um mögliche Probleme zu vermeiden.:
“Da die Verarbeitung von Gesundheits- und Verhaltensdaten im Rahmen der Erstellung von Fördergutachten nicht genehmigungsfähig ist- diese Daten werden in Anlage 3 VO-DV I nicht gelistet – können sie mit Personenbezug nicht auf Privatgeräten erstellt werden. Auch nicht online, da dazu ja in der Regel die Anzeige auf einem Monitor erforderlich ist.“
Warum ist das Wort Verarbeitung so wichtig?
Es ist wichtig, denn mit diesem einen Wort steht und fällt das Konzept das Daten-Safe in Logineo NRW.
Nach Anlage 3 der VO-DV I sind Daten, die dort nicht explizit aufgeführt sind, von der Genehmigung ausgenommen und dürfen von daher unter keinen Umständen auf einem privaten Endgerät verarbeitet werden. Zu diesen Daten zählen z.B. Wortzeugnisse und Gutachten im Rahmen eines AOSF Verfahrens oder Notizen, welche sich Förderpädagogen bei Unterrichtsbeobachtungen machen, wenn es um Fördergutachten geht. Im Alltag bereitet diese Einschränkung Lehrkräften mangels Alternativen enorme Probleme, da oft weder Dienstgeräte noch ausreichend Computer Arbeitsplätze in der Schule zur Verfügung stehen.
Hier kommt nun der sogenannte Daten-Safe von Logineo NRW ins Spiel.
In der Rahmenmediennutzungsordnung5Der Link zum Dokument von 2017 ist nicht länger verfügbar. zur Landesplattform heißt es:
“Besonders schützenswerte Daten/Dokumente werden in dem durch ein weiteres Passwort gesicherten „Daten-SAFE“ der Verwaltungscloud gespeichert.”
“Sofern LOGINEO NRW eingesetzt wird und erreichbar ist: Bearbeitung und Speicherung von Dokumenten, die sensible personenbezogene Daten (z.B. Wortzeugnisse) enthalten, ausschließlich über den Online-Editor von LOGINEO NRW.”
Dieser Formulierung nach soll der Daten-Safe es Lehrkräften ermöglichen, bei Vorliegen der Genehmigung, die oben genannten sensiblen personenbezogenen Daten, die unter keinen Umständen auf einem privaten Endgerät verarbeitet werden dürfen, von selbigem Gerät aus im Online-Editor des Daten-Safes zu bearbeiten und zu speichern.7In einer Präsentation von 2017 zu Logineo NRW hieß es zum Daten-Safe unter anderem auch “Der Online-Editor ermöglicht die Arbeit mit privaten digitalen Endgeräten.” und “Es steht ein Online-Editor zur Verfügung, sodass Dokumente mit besonders schützenswerten Daten nicht auf schulischen oder privaten Endgeräten gespeichert werden müssen.” Quelle: SlideShare Das Konzept des Daten-Safe in Logineo NRW geht davon aus, dass zur Bearbeitung, welche auch eine Anzeige einschließt, keine Speicherung auf dem Endgerät erforderlich ist. Es wird in älteren Dokumenten zum Daten-Safe auch von einer virtuellen Umgebung gesprochen. Die sensiblen personenbezogenen Daten befinden sich nur vorübergehend im Browser Cache, was nicht mit einer permanenten Speicherung gleichzusetzen ist. 8Diese Einschätzung wird auch von Experten geteilt. Siehe dazu Eßer in Eßer, Kramer, v. Lewinski Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 43 und Herbst in Kühling, Buchner, Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 24. Entsprechend ist Logineo NRW gedacht als “Eine Basis-IT-Infrastruktur, als ein geschützter virtueller Arbeitsraum zur rechtskonformen Datenverarbeitung mit einer zentralen Benutzerverwaltung und grundlegenden Modulen zur Kommunikation, Organisation und Recherche für digitale Lernmittel, kann eingeführt werden.“9Dienstanweisung für die automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten in der Schule Nr. 1 Satz 3
Während es im Text der VO-DV I um Verarbeitung geht, wird beim Daten-Safe von Bearbeiten und Speichern gesprochen, zwei Formen der Verarbeitung. Damit ergibt sich ein Problem für das Nutzungskonzept des Daten-Safe unter den Vorgaben der VO-DV I zum aktuellen Stand.
Bearbeitet und speichert eine Lehrkraft nicht in Anlage 3 gelistete, sensible personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern von einem genehmigten privaten Endgerät aus im Daten-Safe von Logineo NRW, verstößt sie – entsprechend der Auslegung des Wortes Verarbeitung durch das MSB – gegen die Vorgaben der VO-DV I.10Es sei denn die oben zitierte im Teil B der Genehmigung enthaltene Vorgabe, dass diese Daten bei Verfügbarkeit ausschließlich im Online-Editor des Daten-Safe von Logineo NRW bearbeitet und gespeichert werden dürfen reicht bereits als Rechtsgrundlage, um eine Ausnahme von der Vorgabe in der VO-DV I zu schaffen.
Verarbeitung – Bearbeiten und Speichern
Der Daten-Safe zielt darauf ab, durch Bereitstellung einer virtuellen Umgebung eine Speicherung und Bearbeitung auf dem Endgerät selbst zu vermeiden. Da aber bereits der Zugriff über den Browser auf nicht in Anlage 3 aufgeführte sensible personenbezogene Daten nach der VO-DV I untersagt ist, da dieser bereits eine Verarbeitung darstellt, kann es also nur eine Lösung geben. Die VO-DV I muss angepasst werden. Es kann dabei nicht ausreichen, einen Erlaubnistatbestand für die Verarbeitung der genannten Daten von einem privaten Endgerät aus über eine in den technischen und organisatorischen Maßnahmen aufgeführte Ausnahme zu legitimieren, wie bisher geschehen. Vor Gericht hätte das im Zweifelsfall vermutlich keinen Bestand. Wäre Logineo NRW im ersten Anlauf, vor dem Zwangsstop, in Betrieb genommen worden, wäre die Nutzung zumindest in Teilen wider die Vorgaben der VO-DV I erfolgt. Interessant, dass keinem der Beteiligten dieses Problem in der Vergangenheit aufgefallen ist.
Zur Zeit befindet sich die VO-DV I in der Überarbeitung. Man darf gespannt sein, ob die “neue” Version dieses Problem löst.
Alles Wortklauberei, möchte mancher jetzt vielleicht sagen. Leider nein, denn mitunter kommt es auf die Wahl des Wortes an.
Seit dem Verfahren vor dem OVG NRW haben sich die Perspektiven bezüglich der Zuständigkeiten in der datenschutzrechtlichen Verantwortung etwas verschoben. Die drei Richter des Senats des OVG kamen zu dem Schluss, dass der Schulträger eine datenschutzrechtliche Verantwortung bei der Auswahl von Plattformen hat, mit welchen eine Schule personenbezogene Daten verarbeitet und muss gegebenenfalls auch Betroffenen gegenüber die Datenschutzkonformität einer bereitgestellten Plattform nachweisen. Auch wenn diese Rechtsauffassung unter Fachjuristen umstritten ist, da sie die Trennung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten durchbricht, hat sie zumindest seit 2024 durchaus praktische Auswirkungen. Diese betreffen jedoch nicht das datenschutzrechtliche Verhältnis, um welches es in diesem Beitrag geht, das der Auftragsverarbeitung durch den Schulträger. (Stand 06/2024)
Das Verhältnis von Schule und Schulträger ist nicht immer einfach. Oft ist man beim Schulträger der Meinung, wo das Geld ist, wird entschieden. Das betrifft die IT Ausstattung, von der Hardware bis zur Software. Schulträger entscheiden in vielen Bereichen und immer wieder über Schule anstatt mit Schule. Verwaltung und pädagogisches Netz werden mal eben mit Microsoft 365 ausgestattet, die Kameras in iPads werden deaktiviert, die Nutzung bestimmter Internet-Dienste gesperrt, Dienstleister mit Support und Administration beauftragt und Schule hat das zu nehmen wie es ist. Kann ein Schulträger das mal eben alles so entscheiden?
Grundsätzlich sollten Entscheidungen, die eine Schule betreffen immer im Einvernehmen zwischen Schulträger und Schule getroffen werden.
Manchmal ist es für beide Seiten hilfreich, wenn man sich die rechtlichen Grundlagen vor Augen führt.
Schulträger als Sachaufwandsträger
Nach §79 SchulG NRW1§ 79 Bereitstellung und Unterhaltung der Schulanlage und Schulgebäude Die Schulträger sind verpflichtet, die für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Schulanlagen, Gebäude, Einrichtungen und Lehrmittel bereitzustellen und zu unterhalten sowie das für die Schulverwaltung notwendige Personal und eine am allgemeinen Stand der Technik und Informationstechnologie orientierte Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. sind Schulträger als Aufwandsträger für die sächliche Ausstattung verantwortlich. Allerdings ist die Schule gemäß §76 SchulG NRW vom Schulträger bei Entscheidungen zu beteiligen2Die Schule ist vom Schulträger in den für sie bedeutsamen Angelegenheiten rechtzeitig zu beteiligen. Hierzu gehören insbesondere […] 4. räumliche Unterbringung und Ausstattungder Schule sowie schulische Baumaßnahmen,.
Schule und innere Angelegenheiten
Anders als bei den äußeren Angelegenheiten ist die Schule in Bezug auf die inneren Angelegenheiten nach § 3 SchulG NRW eigenverantwortlich3verwaltet und organisiert ihre inneren Angelegenheiten selbstständig. Unter die inneren Angelegenheiten fällt auch die Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Entsprechend liegt die Verantwortung für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben des Schulgesetzes nach § 1 Abs. 3 VO-DV I bei der Schulleitung.
“(3) Für die Schule stellt die Schulleiterin oder der Schulleiter […] durch technische oder organisatorische Maßnahmen sicher, dass der Schutz der verarbeiteten Daten gemäß Artikel 32 in Verbindung mit Artikel 5 der [DS-GVO] gewährleistet ist und die Löschungsbestimmungen eingehalten werden.”
Das bedeutet, die Schule ist bei sämtlicher Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Schülern, Lehrkräften und Erziehungsberechtigten, soweit sie innere Angelegenheiten betreffen, Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO.
Verhältnisse klarstellen
Wenn ein Schulträger, egal ob es das Schulamt ist, der kommunale oder städtische Datenschutzbeauftragte, die IT Abteilung im Rathaus oder ein vom Schulträger beauftragter IT Dienstleister, mit Vorgaben, Anordnungen, Konfigurationen schulischer Soft- und Hardware oder Verboten in Prozesse der Datenverarbeitung in Schule eingreift, dann ist dieses sicherlich in den meisten Fällen wohlwollend gemeint, überschreitet jedoch eindeutig die rechtlichen Zuständigkeiten dieser Stellen. Genau genommen können derartige Eingriffe in die datenschutzrechtlichen Angelegenheiten einer Schule sogar als Verstöße gegen geltendes Datenschutzrecht, vom Schulrecht über Landes- und Bundesdatenschutzgesetzgebung bis zur Europäischen Datenschutz Grundverordnung bewertet werden. Schulen sind in Bezug auf das Datenschutzrecht einzig ihren vorgesetzten Dienststellen, sofern diesbezüglich weisungsberechtigt, und der zuständigen Aufsichtsbehörde gegenüber weisungsgebunden.
Schulträgern und den Personen, Stellen und Dienstleistern, welche für sie tätig sind, ist dieser Sachverhalt oftmals nicht einmal klar.
Es gibt für Schulen hier einen einfachen Weg, um Abhilfe zu schaffen, ein Weg, mit dem eine Schule in den meisten Fällen auch einer datenschutzrechtlichen Pflicht nachkommt. Nach § 2 Abs. 3 VO-DV I gilt:
“(3) Die Schulen […] sind berechtigt, unter Beachtung der Voraussetzung des Artikel 28 der Datenschutz-Grundverordnung die Datensicherheit gewährleistende und zuverlässige Institutionen mit der Verarbeitung ihrer Daten zu beauftragen. Die Datenverarbeitung im Auftrag ist nur zulässig nach Weisung der Schule […] und ausschließlich für deren Zwecke.”
In der Mehrheit aller Schulen ist der Schulträger mittels seiner eigenen IT Abteilung oder durch einen beauftragten IT Dienstleister mit Support und administrativen Aufgaben für die schulische IT beauftragt.
Immer wenn dabei auch ein Zugriff auf personenbezogene Daten aus der Schule erforderlichoder möglich ist, muss nach Art. 28 Nr. 3 DS-GVO ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung geschlossen werden. In diesem sind die Zuständigkeiten zwischen dem Verantwortlichen, hier der Schule als Auftraggeber, und dem Auftragnehmer (Auftragsverarbeiter), eindeutig geregelt. Dazu gehört, dass der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber weisungsgebunden ist. Selbiges gilt auch, wenn schulische IT aus dem Schulgebäude ausgelagert betrieben wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Schulverwaltungsprogramm wie SchiLD NRW zentral auf einem Server des Schulträgers oder beauftragten IT Dienstleisters betrieben wird.
Handlungsempfehlung
Letztlich geht es also nur darum, dem Schulträger deutlich zu machen, dass eine Schule bzw. eine Schulleitung ihrer datenschutzrechtlichen Verantwortung nur gerecht werden kann, wenn der Schulträger Eingriffe in die Schulische IT, sofern sie Datenverarbeitungsprozesse oder die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der verarbeiteten Daten betreffen, in Abstimmung mit der Schule vornimmt.4Das gilt natürlich auch in die umgekehrte Richtung, wie die Dienstanweisung für die automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten in der Schule unter 11.6 deutlich macht “Die Schulleiterin oder der Schulleiter hat im Einvernehmen mit dem Schulträger durch organisatorische Maßnahmen den Datenschutz sicherzustellen.”
Schulträger verstehen dieses oft besser, wenn man den verantwortlichen Personen vor Augen führt, dass sich datenschutzrechtlich auch die kommunale bzw. städtische Verwaltung in einer vergleichbaren Situation befindet. Auch dort würde man keine Einmischung oder Bevormundung durch externe Stellen oder Personen zulassen (dürfen).
Mit einem zusätzlichen Hinweis auf die Vorgaben aus der Schulgesetzgebung und dem Abschluss der erforderlichen Verträge zur Auftragsverarbeitung sollte dann für alle Beteiligten klar sein, wie es mit der rechtlichen Stellung und den daraus resultierenden Verantwortlichkeiten im Verhältnis von Schule und Schulträger bestellt ist. Verantwortliche aus kommunaler bzw. städtischer Verwaltung verstehen die Sprache von Gesetzen und Verordnungen aus ihrem Berufsalltag sehr gut und bringen, wenn sie um die rechtlichen Verhältnisse wissen, auch mehr Verständnis für die Zuständigkeiten für schulinterne Datenverarbeitungsprozesse auf.
Auf dieser Basis, sollte eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von beiden Seiten aus gut möglich sein. Eine Schule kann auf dieser Grundlage dann auch besser argumentieren, wenn der Schulträger
eine Software, die seit Jahren essentiell für interne Abläufe ist, nicht mehr unterstützen möchte und keine Alternative bietet,
die Schulverwaltung von einem Server in der Schule auf einen Server im Rathaus umstellen will,
Verarbeitungsprozesse an einen Dienstleister auslagern will,
für alle sicheren, schuleigenen USB Sticks der Lehrkräfte ein einziges Passwort vorschreibt,
alle Schulen auf ein einheitliches Schulverwaltungsprogramm umstellen möchte,
im Internetzugang der Schule Ports gesperrt werden, die zur Nutzung eines Online-Angebotes, erforderlich sind,
die Kameras in iPads deaktiviert werden,
die Mitarbeiter des IT Dienstleisters mitten im Schulbetrieb für Wartungszwecke das schulische Netzwerk lahmlegen,
man für die sichere Aufbewahrung von Datenträgern und Festplatten zur Sicherung von Daten nach Jahren noch immer keinen (feuersicheren) Safe erhalten hat,
und dabei die entscheidet als hätte die Schule hier nichts zu sagen.
In Sachen Datenverarbeitung ist der Schulträger somit Auftragsverarbeiter und gegenüber der Schule weisungsgebunden. Das bedeutet:
Ohne entsprechende Verträge zur Auftragsverarbeitung geht gar nichts.
Es wird immer wieder gefragt, welche rechtlichen Folgen es haben kann, wenn es in der Schule zu einem Datenschutzverstoß kommt oder Vorgaben der DS-GVO bezüglich der Schulhomepage nicht eingehalten wurden. Der Beitrag Mögliche rechtliche Folgen eines Datenschutzverstoß für Schulen schaut deshalb auf die rechtlichen Möglichkeiten, welche für die Aufsichtsbehörde und die Betroffenen bestehen. Wie man dabei sieht, wird die Aufsichtsbehörde kein Bußgeld gegen eine Schule in öffentlicher Trägerschaft verhängen. Das bedeutet aber nicht, dass in der Schule tätige Personen nicht mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, vor allem wenn sie vorsätzlich gehandelt haben. Aber auch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und so können auch aus Nichtwissen oder Nachlässigkeit begangene Verstöße gegen das Datenschutzrecht durchaus rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn den Betroffenen ein Schaden hierdurch entstanden ist, und dieser kann auch immaterieller Natur sein.