Schulische Nutzung von Social Media

Lesezeit: 11 Minuten

Social Media Plattformen wie WhatsApp, Facebook und Facebook Messenger, Instagram, Snap-Chat und ähnlich sind für Schule ein permanentes Thema. Ging es lange Zeit noch vor allem um mit der Nutzung der Plattformen verbundene Probleme wie Cybermobbing von Schülern und auch Lehrkräften oder für Lehrkräfte um die Trennung des persönlichen Lebensbereiches vom schulischen bzw. die Wahrung der Distanz zu den Schülern, so steht heute das Thema Datenschutz deutlich stärker im Vordergrund.

Online finden sich weiterhin viele Angebote, welche die Nutzung der Social Media Plattformen medienpädagogisch aufbereiten und Tipps zu einer verantwortungsvollen Nutzung geben, und dieses macht auch Sinn, da vor allem junge Menschen hier eine Menge lernen müssen. Es ist von daher wichtig, dass Schule sich im Unterricht dieses Themas annimmt. Dabei spricht auch nichts dagegen, wenn die Plattformen im Unterricht zur Verdeutlichung exemplarisch genutzt werden. Aus Sicht des Datenschutz ist so etwas wünschenswert und, wenn dabei gewisse Regeln beachtet werden, auch rechtlich vertretbar. Ganz anders sieht das jedoch aus, wenn Social Media Plattformen in Schule als offizielle Kommunikationsplattformen genutzt werden.

Social Media App Icons iOS auf einem Bildschirm abfotografiert
Bild: Pixabay, LoboStudioHamburg

Social Media als Unterrichtsgegenstand

Spätestens in der Sekundarstufe werden in jeder Schulklasse nahezu alle Schülerinnen und Schüler zumindest eine Social Media Plattform für sich nutzen. Ein großer Teil der Mitglieder einer Schulklasse werden über eine der aktuellen Plattformen untereinander vernetzt sein. Es spricht also nichts dagegen, diese Plattform zu nutzen, um sich mit den verschiedenen Themen, welche sich rund um die Nutzung von Social Media Plattformen auftun, auseinanderzusetzen. Dabei kann man dann auch die in der Klasse überwiegend genutzte Plattform aktiv im Unterricht einsetzen, um Dinge praktisch zu zeigen und auszuprobieren. Beachten sollte man dabei mehrere Dinge.

  • Die Freiwilligkeit ohne den sozialen Druck der Gruppe oder der Lehrkraft muss für jedes Klassenmitglied gewahrt bleiben bei der exemplarischen Nutzung von Social Media als Unterrichtsthema. Das heißt – niemand sollte gedrängt werden, …
    • sich ebenfalls an der Plattform anzumelden, falls man dort noch kein Konto hat,
    • sich einer Gruppe innerhalb der Plattform anzuschließen, falls beispielsweise eine solche im Rahmen der Thematisierung im Unterricht erstellt wird,
    • den eigenen Benutzernamen in einer Plattform der ganzen Lerngruppe zu offenbaren, wenn er dort bisher aus persönlichen Gründen des Benutzers nicht bekannt war,
    • Einblicke in die private Nutzung der Plattform zu geben oder private Informationen, die in der Plattform gespeichert sind, zu offenbaren,
    • andere Kontakte eines Nutzers offenzulegen oder Einblicke in persönliche Informationen dieser Kontakte zu geben.
  • Wenn eine Person in der Klasse bereit ist, etwas von der Plattform vorzuführen, dann sollte dieses so geschehen, dass die Person dabei immer die Kontrolle behält über das, was sie zeigen möchte und was nicht.
  • Die Altersvorgaben der Plattform sollten eingehalten werden.1Mehr dazu weiter unten.

Für Lehrkräfte empfiehlt es sich, mit den privaten Social Media Accounts außen vor zu bleiben bei dieser Art von Unterrichtsprojekten.

Wichtig ist, diese Regeln sollten besprochen und akzeptiert werden, bevor man die Plattformen im Unterricht einsetzt.

Zur Thematisierung von Social Media im Unterricht empfehlen sich bewährte Marterialien wie z.B. Klicksafe und Handysektor, die sich auch mit dem Datenschutzaspekt auseinandersetzen.

Social Media als schulische Plattform

Während eine exemplarische Nutzung von Social Media Plattformen in der Schule recht unproblematisch möglich ist, solange sie lediglich Unterrichtsgegenstand sind, und dabei die Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewahrt bleiben, ist eine offizielle Nutzung als Plattform für den Unterricht völlig anders zu bewerten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die jeweilige Plattform direkt innerhalb des Unterrichts zur Kommunikation und zum Austausch von Materialien genutzt wird oder begleitend zum Unterricht, etwa zur Erinnerung an Hausaufgaben oder um Stundenplanänderungen mitzuteilen. Gleiches gilt auch, wenn es um die Kommunikation mit Eltern geht.

Die Nutzung von Social Media in der Schule ist in den verschiedenen Bundesländern recht unterschiedlich geregelt. Während einige Schulministerien eine Nutzung untersagen2z.B. Berlinder Einsatz von sozialen Medien zur dienstlichen Kommunikation von Lehrern mit Eltern oder Schülern ist unzulässig”, ist bei anderen nichts geregelt.

Das sagt das MSB NRW

Während es bis Anfang 2019 noch eine Aussage auf die Frage gab, wie Lehrkräfte auf den Wunsch von Eltern zur Kommunikation über Social Media reagieren sollen, was in der Praxis tatsächlich immer wieder vorkommt,3Was tun, wenn Schülerinnen und Schüler oder Erziehungsberechtigte Lehrerinnen und Lehrer in Sozialen Medien hinzufügen wollen?

Rein rechtlich dürfen Lehrerinnen und Lehrer mit Schülerinnen und Schülern oder Erziehungsberechtigten über Social Media Kanäle in Kontakt treten. Lehrerinnen und Lehrer nehmen in solchen Situationen aber nie als Privatperson Teil und sollten sich ihrer Rolle klar und bewusst sein. Auf keinen Fall dürfen personenbezogene Daten (Noten, Namen etc.) über Social Media Accounts verschickt werden.

FAQ – Social Media, Medienberatung NRW (die Informationen wurden auf Seiten der Medienberatung im Mai 2019 offline genommen).
wird das Thema jetzt in den FAQs Datenschutz deutlich ausführlicher erläutert, allerdings unter einer ganz anderen Fragestellung. Eine Antwort auf letztere wird dann erst im letzten Drittel gegeben und ist im Zitat ausgespart:

Darf ich auf privaten Endgeräten Programme wie Whatsapp, iMessage oder Telegram benutzen, wenn ich auf dem gleichen Gerät meine dienstlichen Daten verarbeite?

Grundsätzlich gibt es keine rechtliche Regelung, die Schulen sowie Lehrkräften ausdrücklich die Verwendung von modernen Kommunikationsmedien wie WhatsApp verbietet, natürlich immer vorausgesetzt, dass keine Daten mit Personenbezug verarbeitet werden.

Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung und -speicherung ist vielmehr umfassend durch Gesetz, Verordnungen und Erlasse geregelt. Die Schulleitung steht in der Verantwortung für die Beachtung der Datenschutzbestimmungen.

Nach diesen Vorgaben muss bei der dienstliche Kommunikation an öffentlichen Schulen gewährleistet sein, dass der gewählte Kommunikationskanal die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Sofern sensible personenbezogene Schülerdaten übermittelt werden, erfüllt WhatsApp diese datenschutzrechtlichen Voraussetzungen nicht. Wenn Lehrkräfte mit Eltern sowie Schülerinnen und Schülern über WhatsApp kommunizieren und keine sensiblen personenbezogenen Daten übermittelt werden, liegt dies im persönlichen Ermessen aller Beteiligten und ist keine von der Schulleitung zu verantwortende dienstliche Kommunikation. Sinnvollerweise ist eine schriftliche Einverständniserklärung der betroffenen Personen bzw. der Erziehungsberechtigten für diese Form der Kommunikation einzuholen.4Die gestrichenen Textteile und die Ergänzungen in grüner Farbe spiegeln die Veränderung der FAQ vom Stand 02/2019 bis zum Stand 11/2019 wider.

Messengerdienste und private Endgeräte
Private Endgeräte bzw. die darauf installierten Apps sind so zu konfigurieren, dass …

FAQs Datenschutz/ Fragen zu Anwendungen, Apps und Programmen/ Medienberatung NRW (11/2019)

In der Antwort stecken mehrere Aussagen:

  • Allgemein
    • Es gibt (in NRW)  keine Rechtsgrundlage, welche Schulen und Lehrkräften untersagt, Social Media wie WhatsApp als Kommunikationskanal zu nutzen.
    • Messenger wie WhatsApp erfüllen die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für eine Übermittlung von personenbezogenen von Schülern nicht.
  • Kommunikation mit Eltern und Schülern
    • Kommunizieren Lehrkräfte mit Eltern und Schülern über WhatsApp, liegt dieses im persönlichen Ermessen der Beteiligten, auch wenn dabei personenbezogene Daten der Schüler übermittelt werden.
    • Die Kommunikation von Lehrkräften mit Eltern und Schülern fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Schulleitung.
    • Es wird eine schriftliche Einverständnis der Betroffenen bzw. Eltern empfohlen.
  • Kommunikation Lehrkräfte
    • Die Übermittlung von sensiblen personenbezogenen Daten fällt unter dienstliche Kommunikation. Dafür ist WhatsApp nicht geeignet.

Diese Aussagen des Schulministeriums NRW geben Lehrkräften zwar einige Freiheiten, klammert aber eine ganze Reihe von Fragen aus. Nach dieser Aussage wäre es also durchaus möglich, dass Lehrkräfte die Einladung ihrer Schülerinnen und Schüler annehmen, einer WhatsApp Klassengruppe beizutreten. Genauso könnten Lehrkräfte auf den Wunsch von Eltern eingehen, mit diesen über WhatsApp zu kommunizieren. Die einzigen Vorgaben dabei sind, es dürfen keine personenbezogenen Daten übermittelt werden, zumindest nicht von Seiten der Lehrkräfte. Eine Nachricht wie im folgenden Bild wäre damit definitiv ausgeschlossen.

Die Aussage des Schulministeriums NRW schließt nicht aus, dass auch Lehrkräfte den Kontakt initiieren könnten. Demnach sollte es also statthaft sein, wenn eine Lehrkraft in der Klasse vorschlägt, beispielsweise WhatsApp als Klassengruppe einzuführen, um Hausaufgaben mitzuteilen, Terminänderungen, Erinnerungen und Ankündigungen von Klassenarbeiten bekanntzugeben. Solange die Lehrkraft sich darauf beschränkt, wären die Vorgaben, welche in der Antwort der FAQ ausgeführt werden, erfüllt. Und damit is alles gut? So einfach ist es leider nicht.

Sozialer Druck und Freiwilligkeit

In einer regulären Schulklasse wird es fast immer einzelne Personen geben, welche die von der Klasse favorisierte Social Media Plattform nicht nutzen oder ihre Kontaktinformationen nicht in der Klasse teilen. Die Nutzung einer Social Media Plattform ist immer mit einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Betroffenen verbunden. Aus welchen Gründen die einzelnen Personen diese Plattform nicht nutzen oder ihre Kontaktdaten nicht teilen, ist letztlich unerheblich. Eine Nutzung setzt immer eine Einwilligung der Betroffenen voraus und diese muss freiwillig erfolgen. In dem Moment, wo zwei von 29 Kindern die Plattform nicht nutzen oder ihren Kontakt nicht teilen, entsteht ein sozialer Druck. Von Freiwilligkeit kann dann sicher nicht mehr gesprochen werden.5Hierbei ist zu beachten, dass eine datenschutzrechtlich wirksame Einwilligung u.a. voraussetzt, dass sie „freiwillig“ erfolgt. Wenn das Kind faktisch WhatsApp nutzen muss, um Unterrichtsinhalte zuverlässig mitgeteilt zu bekommen, bestehen erhebliche Zweifel an der „Freiwilligkeit“ der Einwilligung.”
Merkblatt für die Nutzung von „WhatsApp“ in Schulen.pdf (PDF nicht länger online) Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen (11/2018)  
Keiner möchte Außenseiter sein. Das Problem lässt sich auch nicht wirklich beseitigen, indem man alle Informationen, welche man beispielsweise über WhatsApp verbreitet, zusätzlich in Papierform weitergibt. Es müsste dann eine Möglichkeit geben, gleichwertig auf anderem Wege zu informieren, etwa über einen schulischen E-Mail Account. Gleichwertig hieße dann eben auch zur gleichen Zeit, etwa am Nachmittag, nach der Schule. Gleiches würde auch für eine Klassenelterngruppe in einem sozialen Netzwerk gelten.

Datenschutzrechtlich bedenklich

Unabhängig von der bisherigen Betrachtung gibt es ein grundsätzliches Problem, wenn es um die Nutzung von Social Media Plattformen wie WhatsApp, Facebook, Instagram und ähnlich geht. Nach Einschätzung der Aufsichtsbehörden verstoßen diese Plattformen in ihrer Funktionalität gegen die Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO).

Einer der Hauptkritikpunkte der Aufsichtsbehörden ist dabei der Zugriff auf die im Mobilgerät gespeicherten Kontakte. Die genannten Social Media Plattformen übermitteln die Kontakte des Nutzers für einen Abgleich an den Anbieter. Das mag zwar praktisch sein, weil so alle Kontakte, die ebenfalls in der genutzten Social Media Plattform angemeldet sind, dort sofort die Freundesliste bevölkern, verstößt aber gegen die Vorgaben der DS-GVO, da die Kontakte im eigenen Adressbuch, und das meint vor allem diejenigen, die nicht Mitglied in der Social Media Plattform sind, ohne deren Einwilligung an den Anbieter übermittelt werden.6“Zum Beispiel WhatsApp. Der Messenger-Dienst, der bekanntlich zu Facebook gehört, verstößt aus meiner Sicht an mehreren Stellen ganz klar gegen europäisches Recht. Und damit meine ich nicht nur, dass WhatsApp-Daten ungefragt und in großem Umfang von Facebook verwendet werden.

Klar gegen Europarecht verstößt der Umstand, dass alle, die den Dienst nutzen wollen, ihre kompletten Kontakte an WhatsApp übertragen müssen – obwohl diese Daten für die eigentliche Funktionalität von WhatsApp überhaupt nicht erforderlich sind. Und das Problem dabei ist: In die Übertragung kann ich gar nicht in vollem Umfang wirksam einwilligen, da es sich ja sich auch um Daten Dritter handelt.”

Ulrich Kelber, neuer Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, WhatsApp han­delt klar euro­pa­rechts­widrig (12/2018)

Chats in WhatApp sind zwar Ende zu Ende verschlüsselt, so dass auch der Anbieter die Inhalte nicht einsehen kann. Doch auch wenn die Chatinhalte samt übermittelten Anhängen wie Fotos und Sprachnachrichten so vertraulich bleiben, erhält der Anbieter sämtliche Metadaten zu den Chats. Dazu gehört, wer mit wem, wann, von wo nach wo mit welchem Gerät, Betriebssytem usw. kommuniziert. Und alle diese Daten, die mit dem Benutzer und seiner Telefonnummer verknüpft sind, landen beim Anbieter, bei WhatsApp in den USA, wo sie weiter ausgewertet werden, etwa um Profile der Nutzer zu erstellen. Im Fall von WhatsApp und Instagram fließen diese Daten an den Mutterkonzern Facebook, wo sie mit weiteren Informationen aus Nutzerprofilen oder Schattenprofilen kombiniert werden.

Social Media Plattformen und Alter

Aus verschiedenen Gründen haben viele Anbieter von Social Media Plattformen mittlerweile das Mindestalter für die Nutzung ihrer Plattformen auf 16 Jahre gesetzt. Jüngere Nutzer hindert das allerdings nicht daran, sich mit falschen Altersangaben trotzdem anzumelden und die Anbieter haben auch keine Möglichkeit der Alterskontrolle. Eine Schule sollte sich hier immer ihrer Verantwortung bewusst sein und solch eine Plattform, auch wenn die oben beschriebenen Empfehlungen eingehalten werden, nicht mit Schülern unter 16 Jahren nutzen. Nach den Vorgaben der DS-GVO können Jugendliche vor Vollendung des 16. Lebensjahres keine wirksame Einwilligung in die Nutzung von Social Media Plattformen wie WhatsApp, Instagram oder Facebook geben, da sie zu den sogenannten Diensten der Informationsgesellschaft zählen7Siehe hierzu den Beitrag Auswirkungen der DS-GVO auf die Einwilligungsfähigkeit von Schülern . Eine Nutzung ist damit nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten bzw. deren Zustimmung zur Einwilligung möglich. Ob diese bei allen Schülern in der Klasse, welche die Plattform nutzen, bei der Anmeldung an derselben vorlag, darf bezweifelt werden.8Eine Überprüfung durch die Anbieter der hier genannten Plattformen findet aktuell nicht statt. Will man in der Schule sichergehen, dass Schüler vor Vollendung des 16. Lebensjahres ein schon bestehendes Konto auf einer Social Media Plattform tatsächlich mit Zustimmung der Eltern eingerichtet haben, sollte sich vor einer schulischen Nutzung eine schriftliche Zusicherung der Eltern diesbezüglich einholen.

Schutz- und Obhutsbeziehung

Datenschutz ist vor allem beim Facebook und damit auch bei den zum Konzern gehörenden Plattformen WhatsApp und Instagram ein enormes Problem. Daran hat bisher auch die DS-GVO nicht wirklich etwas ändern können. Immer wieder hat es in der Vergangenheit Datenschutzvorfälle gegeben und trotz aller  Entschuldigungen und Beteuerungen durch Marc Zuckerberg, den Gründer von Facebook, hat sich nicht wirklich etwas geändert. Der Netzwerkeffekt der Facebook Plattformen ist noch immer so enorm, dass man dort wohl der Meinung ist, sie alles erlauben zu können, sei es dass man Dritten Zugriff auf die Daten von Millionen von Nutzern gibt oder gar Jugendliche dafür bezahlt, dass sie dem Konzern unbeschränkten Zugriff auf ihre Smartphones geben9“Facebook bezahlte Jugendliche für Zugriff auf Handydaten – Bis zu 20 Dollar monatlich für alle Daten: Mit einer App hat Facebook Daten zum Online-Verhalten seiner Nutzer gesammelt, darunter auch die von Minderjährigen.” Zeit Online, 30.01.2019. Andere kostenlose Social Media Plattformen, deren Nutzung mit personenbezogenen Daten und dem Ansehen von Werbung bezahlt wird, zeichnen sich vielleicht nicht durch die gleiche Skrupellosigkeit aus, doch auch dort geht es primär darum, an den Nutzern Geld zu verdienen.

“Die Nutzung sog. Instant-Messaging-Dienste wie etwa Whatsapp, Snapchat und des Facebook-Messengers unterliegt strengeren Voraussetzungen – gerade in den Fällen, in denen zwischen Staat und Nutzern eine besondere Schutz- und Obhutsbeziehung besteht, wie etwa im Bereich von Kindergärten oder Schulen.”

Quelle: Neue Richtlinie des LfDI zur Nutzung von Sozialen Netzwerken durch öffentliche Stellen (11/2017)

Schule hat durch ihre Schutz- und Obhutsbeziehung zu den Schülern ihnen gegenüber eine besondere Verantwort. Darunter fällt auch eine verantwortungsvolle Nutzung bzw. ein Verzicht auf die Nutzung von datenschutzrechtlich bedenktlichen Social Media Plattformen in der Schule, sobald sie über eine exemplarische Nutzung, wie oben beschrieben, hinausgeht.

Problem Nutzungsbedingungen

Wenig bekannt ist, dass WhatsApp laut seinen Geschäftsbedingungen nur eine private Nutzung zulässt, außer man verfügt über ein Business Konto.10In den Nutzungsbedingungen heißt es “Legal And Acceptable Use. You must access and use our Services only for legal, authorized, and acceptable purposes. You will not use (or assist others in using) our Services in ways that: (a) … (f) involve any non-personal use of our Services unless otherwise authorized by us” – “Rechtmäßige und zulässige Nutzung. Du darfst auf unsere Dienste nur für rechtmäßige, berechtigte und zulässige Zwecke zugreifen bzw. sie für solche nutzen. Du wirst unsere Dienste nicht auf eine Art und Weise nutzen (bzw. anderen bei der Nutzung helfen), die: (a) … (f) eine nicht-private Nutzung unserer Dienste beinhaltet, es sei denn, dies wurde von uns genehmigt.” WhatsApp Legal Info (03/2019) Von daher wäre eine Nutzung durch eine Schule als offizieller Kommunikationskanal mit der Nutzervereinbarung überhaupt nicht vereinbar. Verbreitet eine Schule über WhatsApp Informationen an Eltern, kann dieses nie privaten Charakter haben. Inwieweit man eine Nutzung in einer Klassengruppe als privat deklarieren kann, ist schwierig zu beurteilen. WhatsApp Kann eine Nutzung nicht anhand der Inhalte der Kommunikation kontrollieren, da diese verschlüsselt stattfindet und wird auch keine Überprüfung über die Verbindungs-Meta-Daten vornehmen. Für den Fall, dass es zu datenschutzrechtlichen Problemen in der Schule durch eine nicht private Nutzung von WhatsApp kommt, ist der Anbieter durch diese Klausel aber rechtlich abgesichert.

Social Media Nutzung im Kollegium

Den Nutzen von Messengern haben mittlerweile auch viele Lehrerkollegien erkannt. Vor allem WhatsApp scheint zur Kommunikation unter Lehrkräften weit verbreitet.

Informeller Austausch

Solange es sich dabei um einen informellen Austausch von Informationen handelt, spricht rechtlich nichts gegen eine Nutzung von WhatsApp. Unter Erwachsenen finden sich jedoch häufiger als bei Jugendlichen Personen, welche eine Nutzung von Social Media Plattformen aus persönlichen Gründen ablehnen oder die Nutzung auf eine ausgewählte Gruppe wie Freundeskreis und Familie beschränken. Schon aus diesem Grund kann selbst eine informelle Nutzung innerhalb eines Kollegiums problematisch sein, wenn dieses der einzige Kanal ist, der für den Austausch von Informationen genutzt wird, da hier ein Zwang durch die Gruppe ausgeübt wird.

Offizieller Informationskanal

Solange es sich bei den ausgetauschten Informationen um solche handelt, welche keine personenbezogenen Daten beinhalten oder sensible interne Informationen und die Plattform in ihren Nutzungsbedingungen eine nicht-private Nutzung zulässt, spricht auch hier prinzipiell nichts gegen eine Nutzung von Social Media Plattformen. Allerdings ist die Problematik auch hier die gleiche wie bei einer informellen Nutzung. Nicht jeder im Kollegium wird Mitglied sein oder seinen Kontakt im Kollegium offenbaren wollen.

Problem der undisziplinierten Nutzer

Selbst wenn tatsächlich jedes Mitglied im Kollegium Nutzer von beispielsweise WhatsApp wäre und auch bereit, dieses für die Kommunikation im Kollegium zu nutzen, so gibt es ein großes, kaum lösbares Problem. Das ist die Disziplin der Nutzer, sich an Regeln zu halten. Die Nutzung eines Messengers wie WhatsApp ist einfach und unkompliziert. Manches ist schneller geschrieben und verschickt als der Verstand Einhalt gebietet. Und so landen permanent personenbezogene Informationen in diesen Kanälen, die dort nichts zu suchen haben. Es wird mal eben der Klassenlehrerin mitgeteilt, dass der Schüler XY früher aus dem Unterricht gegangen ist, Mitteilungen zum Sozialverhalten für das Zeugnis werden, weil die Zeit knapp ist, übermittelt, Notenlisten für den Elternsprechtag, oder Fotos mit Schülerinnen und Schülern von einem gelungenen Unterrichtsprojekt werden zur Freude aller in der Gruppe verteilt. Das geht gar nicht, lässt sich jedoch nicht verhindern.

Social Media nicht gleich Social Media

WhatsApp, Instagram, Facebook, Snapchat und ähnliche kostenfreie Social Media Plattformen, die sich über die personenbezogenen Daten ihrer Nutzer, und im Fall von Facebook auch die Nicht-Nutzer, und Werbung finanzieren, sind nicht die einzigen verfügbaren Plattformen. Am Markt gibt es eine Reihe anderer Plattformen, einige davon sogar kostenfrei nutzbar, welche aus datenschutzrechtlicher Sicht für einen Einsatz in der Schule durchaus in Frage kommen könnten. Wenn es um das reine Messaging geht, sind aktuell vor allem drei Plattformen aus datenschutzrechtlicher Sicht interessant: Threema (kostenflichtig), Wire (kostenflichtig) und Signal (kostenlos). Darüber hinaus gibt es Anbieter, die Plattformen für Schulen entwickelt haben, die mehr als eine Messaging Funktion bieten. Eine Übersicht mit Berücksichtigung formaler datenschutzrechtlicher Kriterien findet sich unter “Schulische Plattformen (Kommunikation)“. Für welche Plattform eine Schule sich entscheidet, hängt sehr vom geplanten Nutzungsszenario ab.

Empfehlung

Aus Sicht des Datenschutzes kann man Schulen von der Nutzung der großen Social Media Plattformen, allen voran WhatsApp, Instagram, Facebook und Snapchat nur abraten, da diese kostenlosen Plattformen eben doch ihren Preis einfordern, indem sie die personenbezogenen Daten ihrer Nutzer verwerten, Profile bilden und entsprechende Werbung zeigen11WhatsApp zeigt im Februar 2019 noch keine Werbung an, plant dieses jedoch für die Zukunft Zumindest in Teilbereichen bewegen sie sich damit datenschutzrechtlich aus Sicht vieler Fachleute in der Illegalität.

  • Sollen die Plattformen im Unterricht thematisiert werden, um sich mit Nettiquette, Cyberbullying, Fakenews und den Geschäftsmodellen der Anbieter auseinanderzusetzen, spricht nichts gegen eine exemplarische Nutzung, wenn dabei auf Altersvorgaben, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre sowie Freiwilligkeit geachtet werden.
  • Eine Nutzung als informeller Kanal in einer Klasse ist definitiv nicht zu empfehlen, gegenwärtig aber nicht ausgeschlossen und muss, wenn überhaupt, auf Freiwilligkeit basieren, darf niemanden benachteiligen und sollte keine personenbezogenen Daten verwenden.
  • Für Lehrkräfte in NRW ist es gegenwärtig auch zulässig, über eine Social Media Plattform wie WhatsApp mit Eltern zu kommunizieren, wenn diese das wünschen. Lehrkräfte sollten sich dabei jedoch auf Informationen beschränken, welche keine personenbezogenen Daten beinhalten. Sollte es eine Klassenelterngruppe geben, kann eine Lehrkraft über diese Gruppe allgemeine Informationen weitergeben. Sobald jedoch nicht alle Eltern Mitglied dieser Gruppe sind, muss die Lehrkraft sicherstellen, dass alle Informationen auch auf anderem Wege für die Eltern, welche sich nicht in der Elterngruppe befinden, verfügbar sind. Lehrkräfte sollten den Kontakt zu Eltern oder eine Elternklassengruppe über die genannten Social Media Plattformen niemals von sich aus initiieren.
  • Auch wenn es definitiv nicht zu empfehlen ist, so ist WhatsApp für die  Kommunikation unter Lehrkräften nicht verboten, solange der Informationsaustausch im informellen Bereich bleibt und keine personenbezogenen Daten aus der Schule dort übermittelt werden. Da es scheinbar in fast jedem Kollegium Lehrkräfte gibt, welche mangels Disziplin doch immer wieder personenbezogene Daten darüber weitergeben, empfiehlt es sich, hier besser eine professionelle Lösung zu nutzen, welche dieses erlaubt. Mit einer Plattform wie Threema kann die Schule einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung abschließen und Lizenzen in Anzahl der Lehrkräfte erwerben. Auf dieser Basis können dann sämtliche personenbezogenen Daten zwischen Lehrkräften und auch zu Schulleitung übermittelt werden, welche Anlage 3 der VO-DV I zur Verarbeitung auf privaten Endgeräten von Lehrkräften bei Genehmigung durch die Schulleitung zulässt. Werden mehr Funktionen benötigt, wählt man einen anderen Anbieter. Mittlerweile gibt es hier ein gutes Angebot im deutschsprachigen Raum.12Siehe Padlet Plattformen zur schulischen Kommunikation

Stand 11/2019

Siehe auch Nutzung von Social Media – Hintergrundrecherche