Das grüne Klassenbuch in Papierform dürfte bald der Vergangenheit angehören. Den digitalen Klassenbüchern gehört die Zukunft, denn sie haben viele Vorteile. Sie gehen nicht verloren, erlauben den Zugriff von überall, führen wichtige Informationen zentral zusammen und erlauben schnelle Überblicke und Auswertungen. Wenn es um Probleme mit Absentismus geht, bieten digitale Klassenbücher enorme Vorteile, da auch Lehrer, die nur Teilgruppen einer Klasse unterrichten, leicht sehen können, wer unberechtigt fehlt. Damit eine Schule digitale Klassenbücher nutzen kann, müssen die Voraussetzungen stimmen.
Die rechtliche Voraussetzung ist vorhanden
Die VO-DV I lässt das Führen von digitalen Klassenbüchern schon länger zu. Allerdings war es bis 2017 noch erforderlich, eine Papierausfertigung zu führen. In der Anpassung von 2017 wurde in §4 Abs. 5 das entscheidende Wörtchen “zusätzlich” gestrichen. Damit ist es nun auch möglich, ein digitales Klassenbuch ausschließlich digital zu führen.1In einem Kommentar zu den Änderungen der VO-DV I vom 18.10.2016 heißt es entsprechend “Die elektronische Führung von Klassenbücher ist bereits nach § 4 Abs. 5 VO DV I zulässig, dies jedoch nur zusätzlich zur Papierausfertigung. Es soll ermöglicht werden, dass eine Form der Klassenbuchführung – elektronisch oder in Papierform – ausreicht.”
“(5) Neben dem Schülerstammblatt führt die Schule in Papierausfertigung die in der Anlage 2 aufgeführten Dateien und Akten (sonstiger Datenbestand); eine Verarbeitung in ADV-Anlagen ist mit den Einschränkungen des § 1 Abs. 2 zulässig.”2VO-DV I §4 Abs. 5 3Im Entwurf zur Gesetzesänderung heißt es: “Die elektronische Führung von Klassenbücher ist bereits nach § 4 Abs. 5 VO DV I zulässig, dies jedoch nur zusätzlich zur Papierausfertigung. Es soll ermöglicht werden, dass eine Form der Klassenbuchführung – elektronisch oder in Papierform – ausreicht.” – Quelle: Entwurf ÄVO VO-DV I 2016 (Stand: 18.10.2016) des Referats 222 des MSB
Auf dem deutschsprachigen Markt gibt es mittlerweile eine Reihe von Anbietern für digitale Klassenbücher. In der Regel verfügen diese über zusätzliche Funktionen, die bei der Nutzung einer zentralen Plattform Sinn machen. Dazu gehören Terminbuchung für Elternsprechtage, Nachrichten für Eltern, Ressourcenbuchung oder auch Stunden- und Vertretungspläne. Der Zugriff auf die Plattformen erfolgt meist über ein App, ist jedoch auch fast immer über den Browser möglich. Nutzer werden zentral verwaltet.
Der Plattformzugriff über ein App ist vor allem für Mobilgeräte gedacht und erlaubt je nach Anbieter auch eine zeitweise Offline-Nutzung. In einem solchen Fall werden auch Daten auf dem Endgerät gespeichert, die später bei Netzverbindung mit der Plattform abgeglichen werden.
Beim Browserzugriff bzw. bei Apps, die ausschließlich online arbeiten, verbleiben keine Daten auf dem Endgerät und sämtliche Verarbeitung findet innerhalb der Plattform statt.
Vertrag zur Auftragsverarbeitung
Die Nutzung eines digitalen Klassenbuchs in der beschriebenen Form ist gemäß §2 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW4“(3) Die Schulen und Schulaufsichtsbehörden sind berechtigt, unter Beachtung der Voraussetzung des § 11 DSG NRW die Datensicherheit gewährleistende und zuverlässige Institutionen mit der Verarbeitung ihrer Daten zu beauftragen.” nur möglich, wenn mit dem Anbieter ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung abgeschlossen wird. 5Anbieter für Plattformen wie Schulmanager Online, Tego Class, Die SchulApp, WebUntis und ASC EduPage bieten diese auf Nachfrage an.
Genehmigung für Lehrkräfte
Der Zugriff auf ein zentrales, Cloud basiertes digitales Klassenbuch über ein App oder den Browser stellt eine Verarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DS-GVO dar, selbst wenn dabei keine personenbezogenen Daten dauerhaft auf dem Gerät gespeichert6“Speicherung bedeutet, dass die personenbezogenen Daten perpetuiert werden und nicht nur flüchtig vorhanden sind, wie beispielsweise als temporäre Arbeitskopie oder in einem Cache-Speicher. Die Perpetuierung muss mit der Zielrichtung der weiteren Verarbeitung und entsprechend der Zweckbindung der Daten erfolgen.” Eßer in Eßer/Kramer/ v. Lewinski Art. 4 Nr. 2 DS-GVO Rn. 43[/mfn werden. Dieses setzt in NRW eine Genehmigung durch die Schulleitung zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten aus der Schule auf einem privaten Endgerät voraus.6VO-DV I § 2: „Die Verarbeitung personenbezogener Daten von Schülerinnen und Schülern in privaten ADV-Anlagen von Lehrerinnen und Lehrern für dienstliche Zwecke bedarf der schriftlichen, ein Verfahrensverzeichnis gemäß § 8 DSG NRW enthaltenden Genehmigung durch die Schulleiterin oder den Schulleiter.“ werden.
Dienstliche Endgeräte
Im Idealfall verfügen die Lehrkräfte einer Schule, an der ein digitales Klassenbuch genutzt wird, über von der Schule zur Verfügung gestellte Endgeräte, ob das Tablets oder Laptops sind. Dann ist der Zugriff auf das digitale Klassenbuch am sichersten möglich, auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht und bedarf keiner Genehmigung durch die Schulleitung.
Nur zur Verarbeitung zugelassene personenbezogene Daten
Die am Markt verfügbaren digitalen Klassenbücher sind nicht nur für die Nutzung in NRW oder anderen Bundesländern ausgerichtet, sondern zielen oft sogar auf ein internationales Publikum. Entsprechend erlauben einige die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, deren Verarbeitung in NRW nicht durch das Schulgesetz bzw. die anhängigen Verordnungen zur Datenverarbeitung (VO-DV I & II) legitimiert sind. Schulen sollten hier entsprechend durch Einstellungen in der Plattform dafür sorgen, dass nicht rechtskonform nutzbare Module deaktiviert werden. Wo das nicht möglich ist, muss eine rechtssichere Nutzung durch entsprechende Nutzungsvereinbarungen mit den Lehrkräften sichergestellt werden.
Einwilligungen
Je nachdem, welche weitere Funktionen die Plattform für das digitale Klassenbuch anbietet, setzt deren Nutzung eventuell eine Einwilligung der Betroffenen voraus. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn die Plattform Eltern die Buchung von Terminen für Elternsprechtage erlaubt. Von den Eltern wäre dann eine Einwilligung einzuholen, bevor sie einen Eltern-Zugang zur Plattform erhalten.
Aufbewahrungs- und Löschfristen beachten
Nach den Vorgaben der VO-DV I §9 Abs. 1 Nr. 3 sind Klassen- und Kursbücher 10 Jahre lang aufzubewahren, bevor sie entweder durch ein Archiv übernommen oder vernichtet werden. Selbstverständlich gilt das auch für digitale Klassen- und Kursbücher. Wie dieses erfolgt, hängt von den Möglichkeiten der Software ab und den Präferenzen der Schule. Grundsätzlich sollten alle Plattformen einen Ausdruck in Papierform zulassen wie auch einen Export als PDF. Von einer ausschließlichen Aufbewahrung der Daten innerhalb der Plattform ohne zusätzlicher Sicherung als PDF (oder Ausdruck) ist abzuraten. 10 Jahre sind in der digitalen Welt eine lange Zeit. Was, wenn irgendwann die Plattform nicht mehr existiert? Außerdem sollte eine Sicherung außerhalb der Plattform in einem plattformunabhängigen Format auch immer in Betracht gezogen werden, um die Verfügbarkeit zu gewährleisten, etwa für den Fall eines unwiederbringlichen Datenverlusts beim Anbieter.
Thema Sicherheit
Digitale Klassenbücher können sensible Daten enthalten. Deshalb ist es wichtig, durch technische und organisatorische Maßnahmen für den Schutz und die Sicherheit dieser Daten zu sorgen. Über ein Berechtigungskonzept sollte sichergestellt sein, dass Lehrkräfte nur auf die Daten Zugriff haben, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Der Zugang zur Plattform sollte ausreichend abgesichert sein, vor allem wenn er nicht über ein persönliches Gerät (privates oder dienstliches Endgerät) erfolgt. Dieses ist bei vielen Plattformen über 2-Faktor-Authentifizierung möglich. Dabei wird der Login mittels Passwort7Wenn nicht vom Anbieter des digitalen Klassenbuchs vorgegeben, sollte die Schule eine Passwortrichtlinie für ein sicheres Passwort erstellen. Siehe hierzu auch Passwörter vom BSI für Bürger durch ein zweite Authentifizierung abgesichert. Welche Form hier möglich ist, hängt vom jeweiligen Anbieter ab. Übliche Verfahren sind Code per SMS/ Authenticator App/ Hardware Token oder Security Key. Auch der Zugriff über ein App sollte gut abgesichert sein, etwa über einen Zugriffschutz im App mittels Code oder Fingerabdruck. 8Web Untis bietet aktuell keinen Zugangsschutz für das App selbst an. Stattdessen setzt man auf Sicherheit durch Authentifizierung des Endgerätes, auf welchem das App installiert ist, über das Nutzer Dashboard im Browser. Bei einer guten Absicherung des Endgerätes über Passwort und biometrischen Zugangsschutz sollte das Verfahren ausreichen, solange das App nur Zugang zu einem digitalen Klassenbuch Modul bietet.Selbstredend muss auch der Zugriff auf das Endgerät, ob Computer, Notebook, Tablet oder Smartphone entsprechend gesichert sein.
Hinweise zum Thema Sicherheit bei Hinweise zur Nutzung eines elektronischen Klassenbuchs.pdf hat das Kultusministerium Baden Württemberg veröffentlicht (Stand 07/2022). Dort geht es im Zusammenhang mit Sicherheit um Netzinfrastruktur, Verschlüsselung, Authentifizierung, Steuerung der Zugriffe/ Berechtigungen mit einem exemplarischen Rechte- und Rollenkonzept, Protokollierung und Administration.
Thema Mitbestimmung
Die Einführung eines digitalen Klassenbuches dürfte mitbestimmungspflichtig sein, da es zu Veränderungen der Arbeitsorganisation kommt und derartige Plattformen u.U. Möglichkeiten mit sich bringen, das Nutzungsverhalten zur Verhaltens- und Leistungskontrolle zu verwenden. Die GEW Baden Württemberg urteilt deshalb:
“Bei der konkreten Umsetzung an der Schule müssen aber weitere Aspekte beachtet werden. Der Personalrat hat bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die zur Verhaltens- und Leistungskontrolle sowie der Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Beschäftigten geeignet sind, mitzubestimmen. Das gilt auch für die Einführung grundsätzlich neuer Arbeitsmethoden.” Die Schulleitung, Nr. 1-2017
Stand 09/2022