Schule – Offener Ganztag – Schulsozialarbeit & Datenschutz

Lesezeit: 3 Minuten

Was ist bezüglich datenschutzrechtlicher Vorgaben zu beachten bei der Zusammenarbeit von Schule und offenem Ganztag (OGS)? Und wie sieht es aus, wenn es um die Schulsozialarbeit geht? Diese Fragen beschäftigen viele, denn die Rechtslage erschließt sich den Beteiligten aus den Gesetzen und Verordnungen nur ungenügend. Auch ich selbst hatte hier mangels besseren Wissens bisher eher konservativ beraten und für die Weitergabe von personenbezogenen Daten an den OGS sowie Schulsozialpädagogen, die nicht nach §58 auf Lehrerstellen sitzen und somit als Landesbedienstete gelten, das Einholen einer Einwilligung zur rechtlichen Absicherung empfohlen.

In §120 Schulgesetz NRW heißt es:

“Die gespeicherten personenbezogenen Daten dürfen in der Schule nur den Personen zugänglich gemacht werden, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen.”

Doch wer ist mit den Personen gemeint? Es geht um Personen in der Schule, also definitiv nicht um Personen außerhalb der Schule. Und damit ist auch klar, dass dazu neben den Lehrkräften und Schulsozialpädagogen, die nach §58 als Landesbedienstete auf Lehrerstellen sitzen, auch die Mitarbeiter im Schulsekretariat gehören, Integrationshelfer, Hausmeister und auch Eltern wie Schüler, die in Mitwirkungsgremien tätig sind1entsprechend §§ 62 ff SchulG NRW oder Eltern, welche am Unterricht teilnehmen bzw. dort in Teilbereichen mitarbeiten.2entsprechend §44 Abs. 3 SchulG NRW

Kleine Anfrage im Landtag

Im Dezember 2019 wurde dann genau dieses Thema Gegenstand einer kleinen Anfrage mit dem Titel Datenschutzrechtliche Zusammenarbeit in der Schule, im Hinblick auf den offenen Ganztag (OGT) und die Schulsozialarbeit (Drucksache 17/8328) Vier Fragen wurden der Landesregierung NRW gestellt:

  1. Welche Personengruppen werden mit der Formulierung „in der Schule nur den Personen“ (§ 120 (1) SchulG) neben Lehrer*innen (§ 57 SchulG) und weiteren Landesbedienstete nach § 58 SchulG gesehen?
  2. Welche personenbezogenen Daten dürfen den Mitarbeitern des offenen Ganztags übermittelt werden bzw. mit diesen ausgetauscht werden?
  3. Ist das Zusammenstellen einer Liste von Schüler*innen und die Weitergabe der Liste an die Mitarbeiter*innen der Multiprofessionellen Teams erlaubt? Und falls ja, aufgrund welcher Rechtsgrundlage ist das erlaubt?
  4. Plant die Landesregierung dies in einer Neufassung der VO DV I klarzustellen?

Antwort der Landesregierung

Im Januar 2020 wurden dann die Antworten auf die Anfrage als Drucksache 17/8396 veröffentlicht. Dabei wurde deutlich, dass die Landesregierung die Gesetzestexte sehr viel weiter auslegt, als viele Datenschutzbeauftragte das bisher taten.

  1. Zu den Personen, denen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 120 Abs. 1 SchulG NRW personenbezogene Daten zugänglich gemacht werden dürfen, gehört neben den Lehrkräften und sonstigen im Landesdienst stehendem pädagogischen und sozialpädagogischen Personal nach § 58 SchulG auch im Ganztag eingesetztes Personal3Verwiesen wird bezüglich dieses Personals auf Nr. 7 des Rd.Erl. zum Ganztagsangebot – BASS 12-63 Nr. 2.pdf .
  2. Da nach Aussage der Landesregierung Ganztagsangebote auch von außerschulischen Trägen als schulische Veranstaltung gelten, ist es damit auch zulässig, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des offenen Ganztags diejenigen personenbezogenen Daten zugänglich zu machen, welche diese Personen zur Erfüllung der Angebote des Ganztags benötigen. Dazu gehört dann auch der Austausch zu den Förderbedarfen der Schülerinnen und Schüler.
  3. Auch externen Sozialarbeiter bzw. Sozialpädagogen, die anderes als Schulsozialpädagogen im Landesdienst nicht zu den Personen gemäß §58 SchulG NRW zählen, dürfen entsprechend der unter 1. beschrieben Auslegung von §120 Abs. 1 SchulG NRW durch die Landesregierung personenbezogene Daten aus der Schule zugänglich gemacht werden. Dieses ist allerdings nur dann zulässig, sofern sie als Mitglied eines Multiprofessionellen Teams4gemäß der Erlasse 21-13 Nr. 6 „Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen“ sowie 21-13 Nr. 9 „Soziale Arbeit an Schulen zur Integration durch Bildung für neu zugewanderte Schüler*innen (Multiprofessionelle Teams)“ diese Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Das meint hier eine Liste mit den Namen der Schülerinnen und Schüler, die sie zu betreuen haben.
  4. Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes NRW oder der anhängigen Verordnungen ist nicht geplant.

Hinweis: Man sollte bezüglich Antwort 2 unbedingt berücksichtigen, dass es ausdrücklich um den Austausch zu den Förderbedarfen der Schülerinnen und Schüler geht, die Informationen, die zur Erfüllung der Angebote des Ganztags benötig werden. Personenbezogene Daten, welche nicht darunter fallen, können nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten weitergegeben werden. So würde die Bankverbindung der Erziehungsberechtigten sicher nicht darunter fallen, falls es dem Träger etwa darum ginge, diese zu aktualisieren und er dafür bei der Schule anfragt. Gleiches dürfte auch für Kontaktdaten gelten, welche der Träger normalerweise von Schulträger erhalten sollte.

Fazit

Mit der Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage besteht jetzt endlich Klarheit bezüglich der datenschutzrechtlichen Stellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Trägern, die im offenen Ganztag eingesetzt sind. Da der offene Ganztag als schulische Veranstaltung gilt, darf die Schule diesen Personen die personenbezogenen Daten derjenigen Kinder im OGS zugänglich machen, welche sie zur Erfüllung der Angebote des Ganztags benötigen. Darunter fallen dann beispielsweise auch Informationen zu den Förderbedarfen der im OGS betreuten Schülerinnen und Schüler. Für die Schulen, das meint vor allem Grundschulen, besteht von daher keine Erfordernis, eine Einwilligung der Erziehungsberechtigten einzuholen, um sich mit Mitarbeitern des OGS bezüglich der dort betreuten Kinder auszutauschen.

Externen Schulsozialarbeitern dürfen personenbezogene Daten (Namenslisten von zu betreuenden Schülerinnen und Schülern) zugänglich gemacht, wenn sie Mitglied eines Multiprofessionellen Teams an der Schule sind. In allen anderen Fällen gilt weiterhin, dass eine Weitergabe von personenbezogenen Daten von Schülern eine Einwilligung der Betroffenen voraussetzt.

Interessant sind in dem Zusammenhang vielleicht auch:

Datenschutz und Schweigepflicht

Lesezeit: 2 Minuten

In Schule kommt im Zusammenhang mit dem Thema Entbindung von der Schweigepflicht immer wieder die Frage danach auf, ob es dabei auch einen Zusammenhang mit dem Datenschutz gibt. Die Frage kann nicht immer mit nein beantwortet werden. Die Schweigepflicht ist vor allem im Bereich der Schulsozialarbeit von Belang. Die Vorgaben des Datenschutzes gelten jedoch auch dort.

Sozialpädagogische Mitarbeiter, oft auch als Schulsozialpädagogen bezeichnet, wie sie sich vor allem an größeren Schulsystemen finden, gehören nach §58 SchulG NRW wie Lehrkräfte und die Schulleitung zum Schulpersonal.1Weitere Informationen zu Sozialpädagogischen Mitarbeitern an Schulen, welche auf Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen an Schulen beschäftigt sind, finden sich im RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung
v. 23.01.2008 – Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen
  Entsprechend unterliegen sie der datenschutzrechtlichen Verantwortung der Schulleitung. Dass Schulsozialpädagogen zum Schulpersonal gehören, hat auch datenschutzrechtliche Auswirkungen. In einigen Bundesländern mit anderen Modellen der Schulsozialarbeit wird diese von externen Trägern geleistet. Liegt  dort keine Rechtsgrundlage für eine Übermittlung von personenbezogenen Daten im Schulgesetz vor, muss die Schule eine Einwilligung der Betroffenen einholen, bevor sie beispielsweise die Kontaktdaten der Eltern an die Schulsozialarbeit weitergeben darf.2Das ist z.B. in Sachsen Anhalt der Fall. Durch ihre Zugehörigkeit zum Schulpersonal ist solches in Schulen in NRW nicht erforderlich. Wie auch Lehrkräfte wirken sie als im Landesdienst stehende Mitarbeiter “bei der Bildungs- und Erziehungsarbeit mit.”3siehe §58 SchulG NRW . Auch wenn Schulsozialarbeiter in der VO-DV I § 4 Abs. 6 nicht unter den Personen geführt werden, welche das Schülerstammblatt und den sonstigen Datenbestand einsehen dürfen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, kann Schulleitung ihnen dieses genehmigen.4 siehe VO-DV I § 6 Abs. 6Die Genehmigung erteilt im Einzelfall oder generell die Schulleiterin oder der Schulleiter.” Das macht Sinn, denn immerhin sind Schulsozialpädagogen nach §71 SchulG NRW Mitglieder der Klassenkonferenz, wie auch der Lehrerkonferenz (§68 SchulG NRW). Ohne Einblick in die personenbezogenen Daten von Schülern und Eltern könnten sie einen Teil ihrer Aufgaben nicht erfüllen.

Während verbeamtete Lehrkräfte wie auch Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis zur Verschwiegenheit verpflichtet sind5siehe ADO §3 Abs. 2 Satz 2 (Beamte) und ADO §3 Abs. 4 und TV-L §3, geht es bei Schulsozialpädagogen im Rahmen ihrer Tätigkeit um die Schweigepflicht. Entsprechend heißt es im RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v.  unter 3.9

“Das Gebot der Schweigepflicht gemäß § 203 Strafgesetzbuch – Verletzung von Privatgeheimnissen – ist zu beachten.”

Sollen Schulsozialpädagogen im Rahmen ihrer Tätigkeit beispielsweise mit externen Stellen zusammenarbeiten, ob es sich dabei um Ärzte handelt oder um Schulpsychologen, das Jugendamt oder anderen außerschulischen Beratungsinstitutionen, geht es meist um mehr als die Übermittlung von personenbezogenen Daten. In Gesprächen haben die betroffenen Schüler oder Eltern der sozialpädagogischen Fachkraft Geheimnisse anvertraut z.B. über Ängste, Sorgen, Probleme oder häusliche Zustände. Um diese Informationen im Austausch mit externen Stellen nutzen zu können, braucht die Fachkraft eine Entbindung von der Schweigepflicht. Gleiches gilt entsprechend auch für Lehrkräfte, wenn diese persönlich in Beratungsgespräche mit externen Stellen eingebunden sind.

Datenschutz und Schweigepflicht sind, das ist aus den bisherigen Ausführungen hoffentlich deutlich geworden, zwei sehr verschiedene Dinge.

Unterschiede zwischen Schweigepflicht und Datenschutz bezogen auf Schule
Schweigepflicht:

• entspringt §203 StGB
• Verletzung von Privatgeheimnissen
• richtet sich direkt an die Fachkraft und gilt für jeden Beschäftigten der Schule
• nur natürliche Personen können sich strafbar machen
• Informationen: „anvertraute Geheimnisse“ z.B. über häusliche Verhältnisse,
Gewalt, persönliche Befindlichkeiten, Familienprobleme, sexuellen
Missbrauch,  …
• die Entbindung von der Schweigepflicht bedarf keiner Formerfordernisse
Datenschutz:
• betrifft das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
• ist in NRW geregelt durch: SchulG NRW, VO-DV I & II, DSG NRW, BDSG, DS-GVO, SGB I, VIII, X
• richtet sich an die Schule als Institution
• Informationen: i.d.R.„erhobene Daten“, bei der Anmeldung an der Schule und im Schulalltag6Es geht also um alles, was zum Datenbestand der Schule gehört, vom Schülerstammblatt bis zu Zeugnissen, geschriebenen Tests und Klassenarbeiten, Schriftverkehr mit Eltern, Protokollen über Besprechungen und Beratungsgespräche, … • die Einwilligung in die Datenübermittlung muss schriftlich erfolgen; es gibt Formerfordernisse

Sowohl der Schweigepflicht als auch dem Datenschutz geht die Anzeigepflicht vor.7Diese Informationen orientieren sich an der Broschüre Datenschutz und Schweigepflicht in der Schulsozialarbeit

Ob es im Alltag der Schule nun eine Einwilligung der Betroffenen zur Übermittlung von personenbezogenen Daten braucht, eine Entbindung von der Schweigepflicht oder eine Kombination von beiden, hängt vom jeweiligen Fall ab. Je nach Gegenstand und Alter des betroffenen Schülers kann die Einwilligung bzw. Entbindung von der Schweigepflicht vom Schüler selbst vorgenommen werden oder braucht zusätzlich die Zustimmung der Eltern.

Die beiden folgenden Vorlagen sind von anderen Stellen übernommen und in Teilen angepasst. Bei der ersteren geht es ausschließlich um die Schweigepflicht. Die zweite beinhaltet auch eine Einwilligung in die Datenübermittlung.8Bevor eine Einwilligung eingeholt wird, sollte immer geprüft werden, ob die Betroffenen die erforderlichen Unterlagen aus der Schule nicht selbst in Kopie an die entsprechende Stelle übergeben können. Damit ist die Schule bezüglich der Übermittlung aus der Verantwortung und erspart sich die erforderliche datenschutzrechtliche Dokumentation.

Vorlagen

Vertiefende Informationen

Wer sich mehr mit der Thematik auseinandersetzen möchte, dem sei die hervorragende Broschüre Datenschutz und Schweigepflicht in der Schulsozialarbeit.pdf aus Sachsen empfohlen. Man sollte hierbei jedoch beachten, dass in Sachsen – anders als in NRW – die Schulsozialarbeit von externen Mitarbeitern geleistet wird. Da diese eben keine schulischen Mitarbeiter sind mit einer rechtlichen Stellung, welche der in NRW vergleichbar ist, muss an Schulen in Sachsen bereits eine Einwilligung zur Datenübermittlung vorliegen, damit die Schule die Kontaktdaten eines Schülers und seiner Eltern an die Schulsozialarbeit zu einer Kontaktaufnahme von dieser Seite übermitteln darf.